Eintracht Frankfurt : Ungewohntes Gefühl
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Höhenflug vorerst gestoppt: Olivier Occean macht seine Mitschuld an dem Misserfolg der Eintracht zu schaffen, Bild: WITTERS
Zwei Sonntagsschüsse bringen die Eintracht aus dem Konzept: Bei der 0:2-Niederlage in Mönchengladbach schlagen die Frankfurter aus „tausend Flanken“ kein Kapital und kassieren die erste Niederlage der Saison.
Unmittelbar nach dem Schlusspfiff platzte es noch im Kabinengang aus Armin Veh heraus. „So spielen die Fußball - mit zehn Mann hinten drin.“ Der Trainer der Frankfurter Eintracht wollte es irgendwie nicht wahrhaben, doch es stimmte: Borussia Mönchengladbach hat das Kunststück fertig gebracht, als erste Bundesligamannschaft die Eintracht zu bezwingen. Sechs Spieltage lang war es niemandem gelungen, den Hochgeschwindigkeitsfußball des forschen Aufsteigers entscheidend zu stoppen. Dass es ausgerechnet die Defensivkünstler vom Niederrhein waren, die sich über ein 2:0 freuen durften, ist eine der Kuriositäten dieses aus Eintracht-Sicht verflixten siebten Spiels.
„Das war absolut nicht nötig und völlig überflüssig“, ärgerte sich auch Pirmin Schwegler. „Wir haben es immer wieder mit langen Bällen versucht, in die Schnittstellen der Gladbacher Defensive zu kommen. Vielleicht war dies nicht die richtige Taktik. Aber auch Niederlagen gehören zum Sport dazu“, sagte der Frankfurter Kapitän. Sein Chef fühlte sich am Sonntag im Borussia-Park phasenweise bei einer anderen Sportart. „In der zweiten Halbzeit war das mehr ein Handball- als ein Fußballspiel“, sagte Veh. Meist zirkulierte der Ball von Nebenmann zu Nebenmann um das Gladbacher Abwehrbollwerk herum. „Doch wir haben es nicht geschafft, uns gegen die zwei Viererketten im Strafraum durchzusetzen.“
Veh zieht seinen Hut vor Juan Arango
Auch Karim Matmour, nach der Pause an alter Wirkungsstätte für seinen neuen Klub Eintracht am Ball, vermochte den Borussia-Riegel nicht zu knacken. „Deshalb kann ich meiner Mannschaft auch überhaupt keinen Vorwurf machen“, sagte Veh. Er wusste: Es waren zwei Glücksschüsse, die den schwach in die Bundesliga gestarteten Gladbachern unverhofft in die Karten spielten und den Sprung auf Tabellenposition zehn ermöglichten. Beim ersten war es Eintracht-Stürmer Olivier Occean, der mit einem missglückten Fehlpass Juan Arango überhaupt erst einlud, aus knapp 35 Metern zu vollenden (8. Minute). „Solch ein Tor schießt nicht jeder. Aber Arango, der kann das“, lobte Veh. „Hut ab.“ Auch beim zweiten Gladbacher Sonntagsschuss durfte gehörig gestaunt werden. Luuk de Jong ging an der linken Strafraumgrenze volles Risiko, als er einen Flankenball einmal auftrumpfen ließ und dann als Dropkick in das Frankfurter Tor drosch.
Die hervorstechendste Qualität von Eintracht-Innenverteidiger Carlos Zambrano bestand in dieser Szene darin, nichts zu tun. Der Peruaner trottete neben de Jong her und ließ den Gladbacher gewähren (24.). Als Veh später in seiner Analyse nach Gründen für den Spielverlauf und das Ergebnis suchte, sagte er vor allem dies: „Das Spiel ist komisch gelaufen.“ Hier die drückend überlegene, spielerisch gefällige Eintracht. Dort die ganz auf Defensive eingestellte Borussia. „Ich habe selten eine solche Partie gesehen, in der eine Mannschaft wie Gladbach so tief steht“, wunderte sich der Frankfurter Fußballlehrer. „Wir haben gefühlt tausend Flanken geschlagen.“ Ertrag? Null. Natürlich wirkten die Eintracht-Profis niedergeschlagen, als sie sich frisch geduscht auf den Weg Richtung Mannschaftsbus machten. Andererseits: Schon vor der Dienstfahrt zum Europapokalteilnehmer Mönchengladbach wussten sie, dass sie von ihrem famosen Start zehren würden. Platz zwei war ihnen nicht zu nehmen - auch bei einer Niederlage.
„So ist Fußball“
„Wir haben jetzt zehn Tage Zeit, die Sache zu verarbeiten und uns auf Hannover vorzubereiten“, sagte Sebastian Rode. Der U-21-Nationalspieler war wieder einmal der beste Frankfurter. Verständlich, dass sich seine konstant guten Leistungen nun auch endlich bis zur A-Nationalmannschaft herumgesprochen haben. Bundestrainer Joachim Löw traut Rode am ehesten zu, der nächste Frankfurter Auswahlspieler zu werden.
Lob für die Eintracht als Ganzes kam in der Stunde der Niederlage auch vom Sieger. „Frankfurt hat eine gute Mannschaft“, sagte der Gladbacher Trainer Lucien Favre. „Bei Ballbesitz hat die Eintracht ihre Stärken, und auch spielerisch ist sie sehr gut. Für mich ist das keine Überraschung, dass sie da oben ist.“ Favres Einschätzung stimmte. Auch im Borussia-Park, in dem sich 51200 Zuschauer, darunter gut 3000 Eintracht-Anhänger, eingefunden hatten, knüpfte die Eintracht an vorherige erstklassige Prüfungen an. Doch anders als in den Vorwochen fehlte ein entscheidender Verbündeter: Durchschlagskraft. Ein Seitfallschuss von Occean, ein Freistoß von Meier: In der Summe war das viel zu wenig und zu harmlos, um die Gladbacher zu bezwingen. In der Stunde der ersten Niederlage zeigte sich Eintracht-Trainer Veh denn auch als sportlich fairer Verlierer. „So ist Fußball.“