Karikaturen-Ausstellung : Die Vertierlichung der Menschen
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Nicht nur Trump ist spitz gezeichnet: Das Caricatura Museum für Komische Kunst Frankfurt zeigt Frank Hoppmanns Bilderkosmos voller Politiker, Schweine und Fliegen.
Der türkische Präsident Recep Erdogan würde vermutlich gerne alles und jeden an die Leine legen. Dann hätte er schließlich seine Ruhe, nicht nur vor unliebsamen Richtern und Journalisten, sondern auch vor Fliegen. So sieht es jedenfalls der Zeichner Frank Hoppmann, der auf einer im vergangenen Jahr entstandenen Tuschearbeit einen sitzenden und grinsenden Präsidenten zeigt, der einen Bindfaden in der Hand hält, an dessen Ende eine Fliege gefangen ist. Neben seinen Lieblingsmotiven, Politiker und Fliegen, zeigt Hoppmann hier auch seine Leidenschaft fürs Abgründige, die im besonderen Fall der gefesselten Fliege allerdings auf eine wahre Begebenheit zurückgeht, wie der Künstler gestern in Frankfurt verriet. Im Jahr 1975 im Emsland geboren und dort in ländlicher Umgebung aufgewachsen, hatte er auf dem Schulweg einen Bekannten beobachtet, der tatsächlich eine gefangene Fliege an einem Faden zappeln ließ.
So recht aus dem Leben gegriffen ist dieses Detail, wie sich Hoppmann überhaupt von den kleinen Gemeinheiten des Alltags inspirieren lässt. Sein zeichnerisches Talent entwickelte er am Gymnasium in Lingen beim Karikieren gehässiger Lehrer und das Thema seiner Diplomarbeit nach dem Design-Studium an der Fachhochschule Münster kam ihm nach durchzechter Nacht und dem Blick in den Spiegel, was sich in dem herrlichen Titel „Spirituosenliebhaberei hat viele Gesichter“ niederschlug. Und die Fliegen? Die Wahl dieses Sujets hat mit einem Stipendium zu tun. 2007 erhielt Hoppmann das Künstlerstipendium der Emsländer Landschaften, verbunden mit einem mehrmonatigen Aufenthalt auf einem Jagdschloss. Im dortigen Arbeitszimmer wimmelte es von Insekten, und der Zeichner hatte sofort lebendes Material für detaillierte Studien und totes Material für entsprechende Schlachtengemälde.
Ähnelt Schäuble einer Fledermaus?
Eine Auswahl dieser Arbeiten ist nun im Caricatura Museum für Komische Kunst in Frankfurt zu sehen. Unter dem Titel „Animalism“ führt sie in den Kosmos des Frank Hoppmann ein, der außer Politikern (sowie andere bekannte Menschen) und Fliegen eine dritte Motivgruppe vorstellt: Schweine. Auch hier ist die Herkunft des Künstlers ursächlich, gibt es doch im Emsland große Schweinemastbetriebe. Gleichwohl spielt Hoppmann mit dem Titel der Schau, die rund 250 Arbeiten zeigt, auf mehr als nur die Hauptdarsteller in seinem künstlerischen Kosmos an. Wer bei der Dreifaltigkeit Politiker, Schweine, Fliegen an George Orwells Satire „Die Farm der Tiere“ denkt, liegt so falsch nicht, wobei es Hoppmann bei all den Analogien und Übereinstimmungen um die Assoziation geht, nicht um das gezielte Herausarbeiten von Parallelen. So zeigt er vor allem in seinen Politikerporträts die Vertierlichung der Menschen, doch welches Tier der Betrachter in den Zeichnungen und Gemälden ausmacht, bleibt Ansichtssache.
Ähnelt Wolfgang Schäuble einer Fledermaus oder doch eher dem Gollum aus den „Herr der Ringe“-Filmen? Gleicht Erdogan einem Pekinesen? Und Donald Trump einem Fisch? Einer Flunder oder einer Scholle vielleicht? Oder doch einer Figur aus einem Fantasy-Film? Wie auch immer, die „Los Angeles Times“ wählte jedenfalls Hoppmanns Trump-Porträt Ende Dezember vergangenen Jahres zur Illustration ihrer Meinungsseite aus, was dem Zeichner internationale Aufmerksamkeit bescherte, selbst wenn als Urheber „Frank Hoffmann“ unter dem Bild stand.
Unverfrorener Strich
Deutsche Medien hingegen hatten die Illustration nicht aufgegriffen, obwohl Hoppmann für viele Zeitungen und Magazine tätig ist. Er veröffentlicht etwa in der „Welt am Sonntag“, im „Manager Magazin“, im „Rolling Stone“ und seit nunmehr zwanzig Jahren im Satiremagazin „Eulenspiegel“, wo er regelmäßig für die Reihe „Unsere Besten“ tätig ist. Diese unterschiedlichen Auftraggeber spiegeln sich in den verschiedenen Prominentengruppen, die Hoppmann porträtiert.
Neben Politikern gilt sein unverfrorener Strich auch Musikern wie Herbert Grönemeyer, Xavier Naidoo, Tom Waits, Nick Cave, Elvis Presley und Johnny Cash, Schauspielern wie Jack Nicholson und Til Schweiger, Sportlern wie Fußballer Franck Ribery oder Bundestrainer Joachim Löw, Philosophen wie Hegel und Marx und natürlich den großen Meistern der Neuen Frankfurter Schule wie F.W. Bernstein und Robert Gernhardt, die bedeutsam für den langhaarigen Künstler waren, der nach Meinung von Thérèse Willer, Direktorin des Ungerer-Museums, „der legitime Nachfolger von Toni Ungerer“ ist. Ein Faible für Frösche teilen ja beide.