Eine Form der Meditation
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Perspektivwechsel. Der Kalligraph Adel Sudany an seinem Schreibtisch. Bild: Lucas Bäuml
Adel Ibrahim Sudany hat im Irak Physik studiert, dann musste er aus seinem Heimatland flüchten. Dabei drehte sich sein Leben immer nur um eines: die Kunst der Kalligraphie.
Wenn Adel Ibrahim Sudany an seine Kindheit zurückdenkt, ist er wieder in Bagdad, seiner Heimatstadt. Er, der Iraker. Und Schiit. Er sieht sich in der Erinnerung, wie er als Kind fasziniert seinem Bruder zuschaut, als dieser kunstvoll auf Wände schreibt. Dadurch lernte er die „Kunst der Linien“, so lautet die wörtliche Übersetzung der arabischen Formulierung für „Kalligraphie“. Adel Ibrahim Sudany hätte die Kunst schon damals gerne zu seinem Beruf gemacht, seine Eltern waren jedoch dagegen. Sie erwarteten ein „vernünftiges“ Studium. Also studierte er Physik.
Doch im Verlauf der Achtziger und Anfang der Neunzigerjahre spitzte sich die politische Situation immer weiter zu. Während sein Vater sich in der Opposition engagierte, war Sudany nie politisch aktiv gewesen, wie er sagt: „Ich habe mitgemacht, auch wenn ich innerlich anders dachte und fühlte.“ Seine Kunst zog immer größere Aufmerksamkeit auf sich, auch vonseiten der Staatsgewalt. Im Jahr 1988 – er stellte gerade seine Werke in der Universität aus – bekam Sudany unerwarteten Besuch. Mehrere fremde Männer luden ihn ein. Schnell entpuppte sich diese „Einladung“ nicht etwa als Wertschätzung seiner Kunst, wie er erst annahm, sondern als Vorladung des irakischen Geheimdienstes.
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