Gendern im Männerturnverein
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Reine Männerriege: Diese Zeiten sind in den Turnvereinen längst vorbei. Bild: Archiv Turngemeinde Bornheim
In einem traditionsreichen Männerturnverein in Mittelhessen wird plötzlich die „Gender-Frage“ gestellt. Ist der Name noch zeitgemäß? Viele Mitglieder verstehen die Welt nicht mehr.
Es ist eine lange, intensive Debatte an jenem Abend im September. Einige Mitglieder beschreiben sie später als „hoch emotional“. Auf der Tagesordnung dieser Jahreshauptversammlung von Mittelhessens größtem Sportverein steht ein Punkt, den es so noch nie gegeben hat: Umbenennung des Vereins. Das „MTV“ im MTV 1846 Gießen soll künftig nicht mehr für „Männerturnverein“ stehen, sondern für „Mittelhessischer Turnverein“. Denn ein Verein, der im Namen das Wort „Männer“ trägt – da könnten Frauen auf den Gedanken kommen, sie seien unerwünscht.
Ausgelöst hat die Debatte der stellvertretende Leiter der Fechtabteilung, Daniel Zschätzsch. Er schilderte den Fall eines neun Jahre alten Mädchens. Dieses habe, als es „Männerturnverein“ auf dem Anmeldebogen las, die Eltern gefragt, ob sie da überhaupt mitmachen dürfe. Als Zschätzsch davon erfuhr, hörte er sich in den von ihm trainierten Gruppen um und fragte die Kinder und Jugendlichen, wie sie das sehen. Während die Jungs die Frage lustig fanden, konnten die Mädchen die Kritik durchaus nachvollziehen, wie der Neunundzwanzigjährige sagt. Auch einige Eltern stimmten zu. In der Fechtabteilung sei die Idee der Namensänderung auf breite Zustimmung gestoßen. Daraufhin habe er bei der Jahreshauptversammlung vor einem Jahr das Thema unter dem Punkt „Verschiedenes“ angesprochen – und nun den Antrag auf Umbenennung in einem eigenen Tagesordnungspunkt gestellt. Am Ende wird der Antrag in jener Sitzung im September abgelehnt. Jedoch nur knapp mit 30 zu 26 Stimmen bei acht Enthaltungen.
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