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Denkmalschutz in Frankfurt : Alte Ziegel, freie Sicht und ein herber Verlust

  • -Aktualisiert am

Wichtiges Denkmal: Die Arbeit an den Bauten des Historischen Museums wurde beendet. Bild: Fricke, Helmut

Das Denkmalamt hat 2012 viel zu tun gehabt. Die Bilanz fällt positiv aus, auch wenn nicht jeder Bau geschützt werden konnte und die Arbeit in St. Leonhard ruhen musste.

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          Vielleicht kann Andrea Hampel im Februar 2015 Vollzug melden. Jedes Jahr im Februar resümiert das Denkmalamt nämlich die Arbeit des Vorjahres - so wie am Mittwochabend, als gut 140 Zuhörer Amtsleiterin Hampel und ihrem Kollegen Stefan Timpe lauschten. Auch 2015 wird sie vermutlich wieder zum Jahresrückblick laden und dann hoffentlich ausführlicher über ein Projekt sprechen können, das ihr sehr am Herzen liegt: die St.Leonhardskirche.

          Am Mittwoch kam sie auf das Gotteshaus und die umfangreichen Ausgrabungen dort nur kurz zu sprechen: Sie hob die Vermessung der Kirche mittels Laseraufnahmen hervor und teilte mit, dass die anthropologischen Untersuchungen der gefundenen Skelette begonnen hätten.

          „Wir haben das Thema unterschätzt“

          Bis Ende 2014 sollen die Arbeiten in der Kirche beendet sein, ein Jahr später als geplant. Aufgrund der Grabungsergebnisse waren Umplanungen nötig, zudem hatten die Experten mit einem gesundheitsgefährdenden Schimmelbefall zu kämpfen, wie Robert Sommer, Dombaumeister beim Hochbauamt, gestern auf Nachfrage sagte. Auch das gehört wohl zur Bilanz für 2012. Der Schimmel war im August aufgetreten, ausschließlich in den Grabungsfeldern. Sommer führt ihn auf die klimatischen Wechsel in der ersten Jahreshälfte zwischen Feuchtigkeit, starker Kälte und Wärme, die Nähe zum Main und die vielen Bestattungen zurück, die es in der Kirche gab. „Wir haben das Thema unterschätzt. Es hat uns alle überrascht.“ Erst seit acht Tagen ist die Kirche wieder gefahrlos zu betreten, der Schimmel ist weg. Allerdings wurde schon seit November in dem Bau weitergearbeitet - mit Schutzanzügen und Masken.

          2015 kann Hampel auf die Arbeiten in St. Leonhard hoffentlich positiv zurückblicken. An Beispielen für erfolgreiche Arbeit im Jahr 2012 mangelt es jedenfalls nicht: Dazu zählt für die Archäologin die in Nied bei einem Kita-Neubau entdeckte, gut erhaltene römische Zentralziegelei aus dem Ende des ersten und Beginn des zweiten Jahrhunderts nach Christus, oder die Funde vor dem Dom mit Resten eines Ganges, der von der Königspfalz in die im Jahr 852 geweihte Salvatorkirche, eine Vorgängerkirche des Doms, führte.

          Funde in der Kai-Anlage

          Zu berichten wusste Hampel auch von wichtigen Funden in Gräbern in Nieder-Eschbach und Harheim und einer gut 800 Jahre alten Kai-Anlage in der Grube des Neubaus für das Historische Museum. Der Fund soll in den Bau integriert werden, der nun erst im Oktober 2015 fertig wird, ein Jahr später als geplant.

          Abgeschlossen wurden hingegen die Arbeiten an den Altbauten des Museums. Darüber sprach Stefan Timpe, der im Denkmalamt für die Bau-, Garten- und Kunstdenkmalpflege zuständig ist, genauso wie über ein anderes seiner Großprojekte: die Sanierung des Palmengarten-Gesellschaftshauses. Dort wurden zum Beispiel Fenster freigelegt und so bestimmte Blickachsen wiederhergestellt. Bezogen auf die in dem Raum stattfindenden Veranstaltungen mahnte Timpe zu einer passenden Möblierung.

          Nur der Präsidialbau bleibt erhalten

          Beendet wurden auch die Arbeiten am Zollturm in Höchst, der auf das 14. Jahrhundert zurückgeht, und am 1907 errichteten Dompfarrhaus. Einen großen Teil von Timpes Ausführungen nahmen aber Gebäude aus der Nachkriegszeit ein, etwa das 1951 bis 1953 errichtete Gebäude des früheren Bundesrechnungshofs, das der Denkmalbeirat der Stadt zum „Denkmal 2012“ gekürt hat. Stadt, Denkmalbehörden und Eigentümer hatten sich darauf verständigt, den denkmalgeschützten Teil äußerlich zu erhalten. Auf dem Grundstück sollen zudem ein Wohngebäude und ein Hotel entstehen.

          In diesem Fall konnte der Denkmalschutz einen Abriss verhindern - bei der aus dem Jahr 1954 stammenden Oberfinanzdirektion nicht. „Wir werden ein Kulturdenkmal zum großen Teil verlieren“, sagte Timpe. Das Gebäude ist mit einem in den siebziger Jahren für die Anbringung von Fassadenplatten und Böden benutzten Kleber verseucht und nicht zu sanieren. Nur der sogenannte Präsidialbau bleibt erhalten. Auf dem Areal will sich die School of Finance niederlassen.

          Sehr zufrieden ist Timpe dagegen mit der Lösung für die frühere Viktoria-Apotheke an der Freßgass’, die jetzt ein Modegeschäft beherbergt. Die geschwungene Fensterkonstruktion des aus dem Jahr 1956 stammenden Pavillons konnte erhalten werden. Nachkriegsbauten sind auch Planungsdezernent Olaf Cunitz (Die Grünen) wichtig, wie er zu Beginn der Veranstaltung zu verstehen gab: Auch Gebäude der fünfziger und sechziger Jahre müsse man schützen. „Denkmalschutz darf nicht eine Frage des Zeitgeistes sein.“

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