Darmstädter Bücherdieb : Mit Charme, Bildung und Dienstwagen
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Eine Auswahl der Bücher, die der Ministeriumsbedienstete in Bad Arolsen mitgehen ließ Bild: dpa
Durch geschicktes Auftreten und mit dem Hinweis auf seine Position im Wissenschaftsministerium erschlich er sich das Vertrauen von Bibliotheksmitarbeitern. Und klaute danach massenweise Bücher.
Der mutmaßliche Bücherdieb, der 13 000 Bände aus Bibliotheken in ganz Deutschland gestohlen haben soll, hat sich offenbar durch geschicktes Auftreten und mit dem Hinweis auf seine Position im Wissenschaftsministerium das Vertrauen von Bibliotheksmitarbeitern erschlichen. Er war am Donnerstag festgenommen worden, als er die Fürstlich Waldeckische Hofbibliothek in Bad Arolsen verließ. Der 45 Jahre alte Mann hatte 53 Bücher bei sich, die er aus der Bücherei im Schloss gestohlen hatte. Bei der Durchsuchung seines Einfamilienhauses in Darmstadt-Eberstadt fanden die Beamten 13.000 Bücher, darunter viele historische und wertvolle Werke.

Freier Autor in der Rhein-Main-Zeitung.
Der Darmstädter ist tatsächlich in dem hessischen Ministerium tätig ist. Von seiner Arbeit dort wurde er suspendiert, wie ein Sprecher des Ministeriums auf Nachfrage sagte. Nach Angaben der Polizei in Korbach verfügt der mutmaßliche Dieb über mehrere Studienabschlüsse in Geologie, Paläontologie und Maschinenbau sowie einen Doktorgrad in Geowissenschaften. Er habe bisher nichts zu den Vorwürfen gesagt und sei inzwischen wieder auf freiem Fuß.
Dienstauto inklusive
In der Hofbibliothek in Bad Arolsen war der Mann mehrere Male zu Gast, wie eine Mitarbeiterin im Gespräch mit dieser Zeitung berichtete. Er sei stets mit dem Dienstwagen vorgefahren, sei höflich aufgetreten und habe auch gelegentlich gescherzt. Gesucht habe er nach alten Büchern zur Naturgeschichte, besonders die Wissensgebiete Geologie und Mineralogie seien wichtig für das Ministerium, habe er gesagt. Schließlich habe man ihm, weil man ihm als Mitarbeiter des Wissenschaftsministeriums vertraut habe, Sonderrechte eingeräumt, abweichend von den sonst üblichen Nutzungsbedingungen.
Die Bibliothek stehe zwar an zwei Tagen in der Woche Studenten und Forschern offen, allerdings dürften die Leser sich die Bücher nicht selbst aus den Regalen holen. Sie müssten sie bestellen und warten, bis ein Bibliothekar die Bände an den Leseplatz bringe. Der Ministeriumsmitarbeiter dagegen habe selbst an die Regale in jenem Raum gehen dürfen, in dem die Werke der genannten Wissenschaften aufbewahrt werden. Dort habe er "Buch für Buch" durchgesehen. Danach hätten alte Bände gefehlt, die genau in das "Beuteschema", also in seine Interessensgebiete, gepasst hätten, sagte die Bibliothekarin. Deshalb habe man sich an die Polizei gewandt. Offenbar habe der Mann die gestohlenen Werke gezielt zusammengesucht und sich schon vorher über das Internet im Katalog der Bibliothek informiert.
Bücher daheim deponiert
Die Polizei hat die 13.000 Bücher aus dem Wohnhaus sichergestellt und in amtlichen Gewahrsam gebracht, wie der Korbacher Polizeisprecher auf Nachfrage sagte. Die Beamten müssten nun die Werke sichten, um festzustellen, welches Buch aus welcher Bibliothek stamme, etwa anhand von Stempeln und Signaturen. Für den richtigen Umgang mit dem alten Papier werde man den Rat von Fachleuten einholen. Bisher fassten die Polizisten die Bücher sicherheitshalber nur mit Handschuhen an.