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Filmfest-Gründerin : „Ich bin eine Nomadin“

  • -Aktualisiert am

„Mich hat die Sinnfrage immer beschäftigt“: Daniela Mahr. Bild: Müller, Norbert

Es geht ihr nicht um Glanz und Glamour, sonder darum Neugierde zu wecken: Daniela Mahr, Leiterin des Reflecta-Filmfestivals, erzählt davon, wie sie den Mut fand, ein Festival zu gründen.

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          Wenn bei einem Filmfestival der Ton ausfällt, ist das für die Veranstalter in aller Regel peinlich. Beim Filmfestival Reflecta im Mainzer Capitol gab es im vorigen Jahr dafür Applaus. „Das Publikum hörte nur die Musik und nicht den Sprecher. Sie dachten, es sei ein spezieller Effekt und fanden es großartig“, erinnert sich Daniela Mahr, Leiterin des alternativen Reflecta-Festivals, das am Wochenende zum ersten Mal im Frankfurter Mousonturm gastierte.

          Aus dem Konzept bringen lässt sich die junge Frau auch bei technischen Problemen nicht. „Wir erheben keinen Anspruch auf den roten Teppich“, sagt die 34 Jahre alte Festivalleiterin. Bei Reflecta gehe es gerade nicht um Glanz und Glamour, sondern um die Botschaft „Rethink your World“ („Überdenke deine Welt“).

          Im Alter von 25 Jahren begann alles

          Im Jahr 2010 schuf Mahr den Verein „Reflecta“, der sich hauptsächlich der Ausrichtung des gleichnamigen Festivals und der Herausgabe des Stadtführers „Green City Guide“ widmet. Bisher hat das Festival zweimal in Mainz stattgefunden. Dieses Jahr ist das Festival nach Frankfurt gekommen, zum umfangreichen Begleitprogramm gehörten Partys, Konzerte und ein „konsumkritischer Stadtrundgang“. Viele freiwillige Helfer sorgten für einen reibungslosen Ablauf. Das Programm hat Mahr mit einem kleineren Team von „drei, vier Leuten“ zusammengestellt. Doch die 200 eingesandten Kurzfilme, aus denen die zehn besten für den Reflecta Artivist Award nominiert wurden, hat sie alle selbst angesehen.

          Die Idee zu Reflecta hat die damalige Philosophiestudentin bereits im Jahr 2005 in Valencia entwickelt: „Ich war 25, als ich mit Reflecta anfing. Ich war noch ein Baby.“ Geplant war eigentlich ein zeitlich begrenzter Studienaufenthalt. Doch bald zogen sie die spanischen Künstlerkreise in ihren Bann. 2008 in Valencia organisierte Mahr ihr erstes Filmfestival. Schon damals standen die Beziehung zwischen Umwelt und Mensch und Fragen nach der Identität im Vordergrund.

          Reflecta-Stadtführer in Arbeit

          „Ohne meinen Aufenthalt in Spanien hätte ich mich nie getraut, Reflecta zu gründen“, sagt Mahr. Die Erfahrung dort habe ihr geholfen, offener auf Menschen zuzugehen und die Initiative zu ergreifen. Fast zehn Jahre lang hat sie in verschiedenen Städten wie Barcelona und Madrid gelebt und gearbeitet. Und obwohl die ehemalige Mainzer Studentin ihre dortige Wohnung nie aufgegeben hat, sei sie, wie sie sagt, an keinen festen Ort gebunden. Thema der Filme des Festivals sind alternative Lebensmodelle, Versuche, soziale Gerechtigkeit, Ökologie und Wirtschaft sinnvoll zusammenzudenken. Mit der Erkundung alternativer Welten habe sie bereits zu Schulzeiten begonnen: „Mich hat die Sinnfrage schon immer beschäftigt“, sagt Mahr. Sie sei auf „fünf oder sechs verschiedenen Schulen“ gewesen. Ein Lehrer, der sie auf einem Internat in Bonn unterrichtete, habe sie besonders geprägt. Er sei ein Querdenker gewesen. „Von ihm habe ich gelernt, dass man nicht zwingend so handeln muss wie die eigenen Nachbarn“, sagt Mahr, die sich selbst als „Nomadin“ oder scherzhaft als „Mogli“ bezeichnet.

          Reflecta mache sich zur Aufgabe, die Neugierde zu wecken und zu fördern. Auch sie selbst lerne noch jeden Tag etwas dazu, sagt Mahr. In der Zeit zwischen den Festivals betreut die junge Frau Kulturprojekte und arbeitet an der Erstellung des Reflecta-Stadtführers, in dem Unternehmen mit nachhaltigen Geschäftsmodellen vorgestellt werden. Im kommenden Jahr erscheint der „Green City Guide“ für Frankfurt.

          Ihr sei es dabei wichtig, die Ideen, die man anderen vermitteln möchte, auch selbst vorzuleben. So beherzige sie den Tauschgedanken bei der freiberuflichen Betreuung von Kulturprojekten. „Wenn ich etwas für jemanden schreibe, dann macht er dafür eben ein Foto für mich“, sagt Mahr und betont, dass das Zahlungsmittel nicht immer Geld sein müsse. „Ich brauche nicht so viel. Mein einziger Luxus ist, mir ab und zu eine Massage zu gönnen.“ Seit ihrem 18. Lebensjahr sei sie außerdem Vegetarierin, sagt Mahr: „Ich kann nicht so etwas veranstalten und dann mit Bratwurst und Cola-Flasche im Foyer stehen.“

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