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Viel weniger Asiaten als Gäste : „Coronavirus zeigt Anfälligkeit der Hotelbranche“

Im Job: Eduard Singer ist Generaldirektor im Crowne Plaza Hotel in Frankfurt und Director of Operations der IHG Hotels by Novum Hospitality Bild: Wolfgang Eilmes

Die Corona-Krise belastet auch die Hotelbranche. Eduard Singer, Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbands in Frankfurt, spricht im Interview über die Auswirkungen. Probleme hat seine Branche aber nicht nur wegen des neuartigen Virus.

          5 Min.

          Herr Singer, in der Woche neun nach Entdeckung des Coronavirus: Wie stark belastet die damit verbundene Krise die Frankfurter Hotellerie?

          Jacqueline Vogt
          Ressortleiterin der Rhein-Main-Redaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

          Der asiatische Markt ist zu 95 Prozent eingebrochen. Und mit der Verschiebung der Messe Light & Building sehen wir den Anfang einer Entwicklung, von der man noch nicht weiß, wohin sie führt.

          Als Ende Januar klar war, dass Frankfurt die Internationale Automobilausstellung verloren hat, haben Sie gesagt, der Hotel- und Gaststättenverband stehe unter Schock. Hat er sich davon erholt?

          Für Frankfurt ist der Verlust schon schmerzhaft, andererseits hat man jetzt eine Riesenchance. Warum ist das schlimm: Die IAA hat zu Frankfurt gepasst, sie war 70 Jahre in Frankfurt beheimatet. Unsere Stadt liegt im Herzen Europas, sie hat eine hohe Mobilitätsdichte, sie hat den Flughafen, ist von wichtigen Autobahnkreuzen umgeben. Dennoch war in der Hotellerie natürlich spürbar, dass die IAA eine Abschwächung hatte.

          Der Zusammenschluss Frankfurt Hotel Alliance hat davon gesprochen, dass die IAA schon lange nicht mehr sehr bedeutend für seine Hotels gewesen sei, Veranstaltungen wie die Automechanika und die Sanitär- und Heizungsfachmesse seien wichtiger.

          Für die gesamte Hotellerie war die IAA in letzter Zeit nur an den Pressetagen wirklich relevant. Das ändert aber nichts daran, dass einzelne Häuser sehr wohl stark unter dem Wegfall leiden. Und für die Stadt insgesamt, nicht nur als Teilhaberin an der Messegesellschaft, ist das ein Verlust. Die IAA war ja auch eine Prestigesache und ein Marketinginstrument.

          Und wo liegt jetzt die Chance?

          Wir haben großes Vertrauen in die Geschäftsführung der Messe, dass sie neue Veranstaltungen akquiriert für die entstandene Lücke. Das wird vorerst, also zumindest im nächsten Jahr, noch keine Top-Messe sein können, das ist ja klar. Große Veranstaltungen haben einen langen Vorlauf, sind an Standorte vertraglich gebunden, das wissen wir. Was wir uns als Branche wünschen: Dass Hotellerie und Gastronomie in Entscheidungsprozesse eingebunden werden.

          Stellen Sie sich so eine Art Runden Tisch vor, den die Messegesellschaft einrichtet und an dem auch der Hotel- und Gaststättenverband sitzt?

          Na ja, dass wir bei der Akquise eingebunden werden, erwarte ich natürlich nicht, da muss man die Kirche im Dorf lassen. Aber wenn eine interessante Messe identifiziert ist, wenn man eine Konzeption erstellt, wenn Frankfurt dann im Pitch ist: Dann gibt es einige potentielle Partner, die etwas dazu beitragen könnten, die Stadt attraktiv darzustellen, und wir gehören dazu.

          Die Hotelszene in Frankfurt wächst und wächst, bis Ende dieses Jahres sollen Tausende Betten neu auf dem Markt sein. Die Frage, ob das Angebot nicht bald zu groß sein werde für die Nachfrage, wird seit vielen Jahren gestellt. Wie beurteilen Sie das?

          Ich war und bin eher ein Mahner, bin aber überzeugt worden, dass die Stadt in manchen Hotelsegmenten wachsen kann. Hotellerie darf jedoch kein reiner Immobilienmarkt werden. Wie es jetzt weitergeht, hat natürlich mit der Frage zu tun: Wie stabil ist die Wirtschaft? Frankfurt wächst ja, der Flughafen wächst, das Kongressgeschäft wird größer.

          Alles gut also?

          Mit dem Coronavirus jetzt merkt man, wie anfällig das System ist. Und dass wir mit 62 000 Betten, die aktuell schon auf dem Markt sind, an den Punkt gelangen, wo die Schere zwischen Angebot und Nachfrage weit aufgeht, ist doch klar. Der Erlös je Zimmer und die Belegungsquote entwickeln sich nach unten. Nach zehn guten Jahren nimmt das Wachstum insgesamt ab, das merkt man deutlich. Und eine Touristenstadt wird Frankfurt niemals werden.

          Sie meinen, dass trotz steigender Zahlen von Privatreisenden nach Frankfurt der Geschäftstourismus immer am wichtigsten bleiben wird?

          Ja natürlich, unser Kerngeschäft bleiben Geschäftsreisende.

          Warum sollten sich die Kurven, die in beiden Bereichen die Entwicklung zeigen, nicht noch stärker annähern?

          Der Anteil Privatreisender am Gesamttourismus liegt aktuell bei etwa 36 Prozent. Das ist eine sehr gute Entwicklung. Aber eine Feriendestination werden wir nicht werden. Frankfurt lebt von Businesskunden, von Tagungen, von Messen. Für die Hotellerie hat das Tücken. Relevantes Messegeschäft findet an vielleicht 35 Tagen im Jahr statt. Aber an den anderen Tagen muss auch Geld verdient werden. Und das ist inzwischen wirklich eine Mammutaufgabe.

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