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Coronavirus in Hessen : Schulverbot nach der Skireise

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Mit Abstrich-Besteck auf dem Weg zum „Corona-Drive-In“: Am Kreiskrankenhaus Groß-Gerau können sich Autofahrer in ihrem Wagen testen lassen. Bild: dpa

Wegen des Coronavirus werden immer mehr Menschen vorsichtshalber isoliert. Zentrale Untersuchungsstellen für Verdachtsfälle soll es ab Montag geben. Die Sorgen der Wirtschaft wachsen.

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          Aus Furcht vor einer Ausbreitung des neuen Coronavirus werden auch in Hessen immer öfter Auflagen für Menschen erlassen, die sich in Risikogebieten aufgehalten haben oder Kontakt zu mutmaßlich Infizierten hatten. In Kelkheim dürfen 70 Schüler eine Woche lang nicht am Unterricht teilnehmen. Mit der Suspendierung will das Gesundheitsamt des Main-Taunus-Kreises weiteren Ansteckungen vorbeugen. Bei den Schülern der Gesamtschule Fischbach sei keine Infektion festgestellt worden, teilte die Kreisverwaltung mit. Die jungen Leute hätten aber Kontakt zu Jugendlichen aus anderen Regionen gehabt, bei denen der Verdacht auf eine Infektion bestehe. Die Kelkheimer Schüler seien von einem Skikurs in Südtirol zurückgekehrt, wo sie mit anderen deutschen Schülern zusammen gewesen seien.

          Es handele sich um eine „reine Vorsichtsmaßnahme“, teilten Landrat Michael Cyriax (CDU) und Gesundheitsdezernentin Madlen Overdick (Die Grünen) mit. Die Freistellung vom Unterricht habe das Gesundheitsamt gemeinsam mit der Schule beschlossen. Die Jungen und Mädchen seien nicht unter Quarantäne gestellt worden, sondern dürften nur nicht in die Schule gehen.

          Im südhessischen Rimbach müssen 99 Siebtklässler und zehn Begleitpersonen nach ihrer Rückkehr aus einer Skifreizeit im Ahrntal (Südtirol) vorsorglich in häusliche Quarantäne. Dies teilte der Kreis Bergstraße mit. Ein Schüler und eine Begleitperson zeigten seit Mittwoch grippeähnliche Symptome. Beide Personen seien vom Rest der Reisegruppe isoliert worden und würden von einer weiteren Begleitperson betreut.

          Tests in Zentren der ärztlichen Bereitschaftsdienste

          Hessische Bürger, die auf eine Infektion mit dem Coronavirus untersucht werden sollen, können von Montag an in ausgewählten Zentren des ärztlichen Bereitschaftsdienstes getestet werden. Von Dienstag an soll es diese zentralen Untersuchungsstellen dann flächendeckend in ganz Hessen an den Standorten des Bereitschaftsdienstes geben. Dies hat das hessische Sozialministerium am Freitag mitgeteilt. Damit sollen Hausarztpraxen und Kliniken entlastet sowie die medizinischen Ressourcen gebündelt werden. Ob ein Test nötig ist, sollen die Hausärzte, das zuständige Gesundheitsamt oder aber der ärztliche Bereitschaftsdienst nach einer telefonischen Erstaufnahme unter der Nummer 116117 entscheiden.

          Voraussetzung für einen Test ist eine akute Erkrankung der Atemwege und der Kontakt mit einer infizierten Person oder ein Aufenthalt in einem Risikogebiet, so das Ministerium weiter. Ist dies der Fall, werden die Patienten einer Untersuchungsstelle zugewiesen. „Vorrangige Aufgabe in der aktuellen Situation ist, dass Personen mit Symptomen und Verdacht auf eine Corona-Infektion möglichst außerhalb der Krankenhäuser diagnostiziert und leichte Fälle auch ambulant behandelt werden“, sagte der geschäftsführende Direktor der hessischen Krankenhausgesellschaft, Steffen Gramminger.

          Die Frage, ob jemand das Coronavirus in sich trägt, könnte bald rascher als bisher beantwortet werden. Die Berliner Pharmact AG hat nach eigenen Angaben einen Schnelltest entwickelt. Anhand von zwei Tropfen Blut könne die Diagnose binnen 20 Minuten gestellt werden, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens. Das Frankfurter Gesundheitsamt wolle sich diesen Schnelltest ansehen, sagte Udo Götsch, Sachgebietsleiter Infektiologie. „An einem Schnelltest haben wir Zweifel, werden uns aber nach dem genannten Produkt erkundigen.“

          Lufthansa streicht 50 Prozent der Flüge

          Unterdessen werden die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Epidemie in Hessen immer stärker spürbar. Gut die Hälfte der Unternehmen im Land ist einer aktuellen Umfrage zufolge von den Auswirkungen betroffen. Besonders gilt das für Gastgewerbe, Reisewirtschaft, Industrie und Handel. Das geht aus den Antworten von mehr als 900 hessischen Unternehmen hervor, wie der Hessische Industrie- und Handelskammertag am Freitag in Wiesbaden mitteilte.

          Der Lufthansa-Konzern streicht wegen des heftigen Nachfrageeinbruchs infolge der Corona-Epidemie seinen Flugplan noch weiter zusammen. In den nächsten Wochen solle die Kapazität um bis zu 50 Prozent reduziert werden, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Dies diene dazu, die finanziellen Folgen des Nachfrageeinbruchs zu verringern. Das Unternehmen berichtete von drastischen Buchungsrückgängen und zahlreichen Flugstornierungen. Betroffen seien alle Zielgebiete.

          Europas größter Luftverkehrskonzern hatte schon am Donnerstag für den März 7100 Flugpaare seiner Kernmarke Lufthansa gestrichen. Ähnliche Streichungen gibt es bei den Töchtern Austrian, Swiss, Eurowings und Brussels. Die Flüge der Gruppe nach China, Iran und Israel sind komplett abgesagt.

          Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Die Grünen) warnte davor, dass die Angst vor dem Coronavirus womöglich wirtschaftlich schlimmere Folgen habe als die Epidemie selbst. „Wir müssen die Situation ernst nehmen, zugleich aber überlegt vorgehen“, sagte der Minister am Freitag in Wiesbaden. „Noch wissen wir nicht, wie sich das Virus weiter ausbreitet und welche Folgen das tatsächlich haben wird.“

          Besonders im Reise-, Hotel- und Gaststättengewerbe seien die Umsatzrückgänge deutlich zu sehen, äußerte Al-Wazir. Einige Unternehmen hätten schon Kurzarbeit anmelden müssen. „Das beobachten wir sehr genau und stehen in Kontakt mit der hessischen Wirtschaft.“ Über die Wibank biete das Land Betrieben in Notfällen Förderkredite an, auch Bürgschaften seien möglich. „Letztlich geht es darum, dass die Unternehmen liquide bleiben, bis sich die Situation normalisiert hat.“

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