Nicht erst seit Corona : Zu wenig Platz in den Frauenhäusern
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Mehr Gewalt durch Corona? In den Häusern des Frankfurter Frauenhauses ist kaum noch Platz. Bild: Grimm, Lena
Die Frankfurter Frauendezernentin Rosemarie Heilig (Die Grünen) befürchtet einen Anstieg der Fallzahlen von häuslicher Gewalt. Langzeitbewohner von Frauenhäusern sollen deshalb umgesiedelt werden.
Frauendezernentin Rosemarie Heilig (Die Grünen) hat die Bürger zu erhöhter Aufmerksamkeit wegen möglicher Fälle von häuslicher Gewalt aufgerufen. In der Bürgersprechstunde des Ortsbeirats 2 (Bockenheim, Kuhwald, Westend), die Dienstagabend als Video- und Telefonkonferenz stattfand, appellierte Heilig, bei begründeten Verdachtsfällen die Polizei zu benachrichtigen. Wer Hinweise auf gewalttätige Übergriffe erhalte, in der Nachbarschaft Schreie und Weinen von Kindern und Frauen höre, solle das den Behörden melden, sagte die Stadträtin, die per Telefon an der im Internet übertragenen Live-Konferenz teilnahm.
„Körperliche Übergriffe in Familien sind derzeit ein ernstes, trauriges, aber wichtiges Thema“, sagte Heilig. Die Erfahrung zeige, dass in Familien, die zu viel Zeit miteinander in der Wohnung verbrächten, das Gewaltpotential steige. Bisher sei zwar noch keine Zunahme der Fälle häuslicher Gewalt festzustellen, doch rechne sie zeitlich versetzt mit steigenden Zahlen. Häusliche Gewalt sei kein Problem von sozialen Randgruppen, sondern sie komme in allen Schichten vor, sagte Heilig. Sie appellierte vor allem, auf eine mögliche Gefährdung von Kindern zu achten, da diese derzeit nicht Schulen oder Kindertagesstätten besuchten und insofern Kontrollinstanzen fehlten.
Große Dunkelziffer bei gefährdetem Kindeswohl
Aufmerksamen Bürgern und Betroffenen böten sich eine Reihe von Hilfsmöglichkeiten. Manuela Skotnik, die als Referentin von Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld (CDU) ebenso am Video-Chat teilnahm, nannte neben der Polizei das Jugendamt als weitere Anlaufstelle. Auch wies sie auf das Kinder- und Jugendschutz-Telefon hin, das unter der Nummer 0800-20010111 erreichbar sei. Christina Ringer (CDU), Kinderbeauftragte des Ortsbezirks 2, äußerte die Sorge vor einer großen Dunkelziffer an Fällen, in denen das Kindeswohl gefährdet oder verletzt worden sei.
Die Referentin von Stadträtin Birkenfeld räumte unterdessen ein, dass es für missbrauchte Frauen derzeit kaum Unterbringungsmöglichkeiten gebe. Die drei Frauenhäuser in Frankfurt hätten keine freien Plätze, so Skotnik. Dies sei zwar schon vor Corona der Fall gewesen, jetzt aber verschärfe sich die Situation. Hintergrund sei, dass die Frauen, die in den Einrichtungen Schutz gefunden hätten und stabilisiert worden seien, nur schwer eine eigene neue Wohnung bekämen. Die Wohnplätze in den Frauenhäusern würden deswegen teilweise bis zu ein Jahr beansprucht.
Auf den Vorschlag von Hans-Jürgen Hammelmann (Die Linke), dass für Bedürftige auch Hotelzimmer genutzt werden könnten, weil diese derzeit ohnehin leer stünden, entgegnete die Vertreterin des Sozialdezernats, dass das nur bedingt möglich sei. Frauen, die gerade vor häuslicher Gewalt geflohen seien, könnten nicht einfach alleine in ein Hotelzimmer gesetzt werden; sie benötigten vielmehr professionelle Hilfe und Betreuung in den Frauenhäusern. Um dort Plätze für aktuelle Notfälle zu schaffen, werde die Stadt aber dazu übergehen, Langzeit-Bewohnerinnen von Frauenhäusern in Hotelzimmer oder auch stadteigene Wohnungen umzusiedeln. Nach Angaben von Stadträtin Heilig führt die Kommune dazu Gespräche mit den Wohnungsunternehmen ABG Frankfurt Holding und Nassauische Heimstätten.