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Corona-Beschlüsse in Hessen : Die Inzidenz bleibt das Maß der Dinge

  • -Aktualisiert am

Auf der Frankfurter Zeil sind am Nachmittag viele Menschen unterwegs. Bild: dpa

Nicht-Geimpfte müssen sich in Hessen auf mehr Corona-Testpflichten im Alltag einstellen. Die Inzidenz bleibt eine wichtige Kennzahl. Laut Landesregierung soll es keinen weiteren Lockdown oder abermalige Schulschließungen geben. Clubs und Discos dürfen wieder öffnen.

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          Zur Bekämpfung der Corona-Pandemie orientiert sich Hessen auch künftig an der Sieben-Tage-Inzidenz. Einen Lockdown oder Schulschließungen soll es aber auch bei steigenden Inzidenzen nicht mehr geben, denn aufgrund einer Erst-Impfquote von mittlerweile mehr als 60 Prozent geht die Landesregierung davon aus, dass es nicht mehr zu so vielen Krankenhauseinweisungen kommt und auch die Intensivstationen nicht mehr so stark belegt werden. Das teilten der stellvertretende Ministerpräsident Tarek Al-Wazir (Die Grünen) und Kultusminister Alexander Lorz (CDU) am Dienstag nach der Tagung des Corona-Kabinetts in Wiesbaden mit. Die bestehende Corona-Schutzverordnung wurde mit einigen Änderungen um vier Wochen verlängert und an die Regeln der Bund-Länder-Konferenz angepasst. Wer nicht geimpft ist, muss sich in Zukunft öfter testen lassen und diese Tests bezahlen, wenn er am gesellschaftlichen Leben weiterhin teilnehmen möchte. Hessens Schulen könnten schon bald Impfausflüge zu den Impfzentren machen.

          „Die Pandemie wird zunehmend zu einer Pandemie der Ungeimpften. Lassen Sie sich impfen“, appellierte Al-Wazir an die Hessen. Glücklicherweise gebe es trotz steigender Inzidenzen bislang keinen drastischen Anstieg bei den Krankenhauseinweisungen, sagte Al-Wazir. Aufgrund der hohen Impfquote seien die meisten Beschränkungen daher nicht mehr notwendig. „Unser Eskalationskonzept sieht keinen Lockdown mehr vor“, stellte er klar. Gleichwohl sind die Kreise und kreisfreien Städte wie bisher in der Pflicht, je nach Inzidenz Maßnahmen zu ergreifen. Die neue und überarbeitete Verordnung, die von Donnerstag an für vier Wochen gilt, sieht eine Reihe von Änderungen vor. Als generelle Erleichterung gilt, dass Clubs und Discotheken wieder öffnen dürfen. Tanzen dürfen aber nur Geimpfte und Genesene sowie Personen mit einem PCR-Test, der nicht älter als 48 Stunden ist. Ein Schnelltest reicht nicht aus.

          Diese Regeln gelten

          Bei einer Inzidenz ab 35 wird die sogenannte 3-G-Regel ausgeweitet. Bislang galt nur in der Innengastronomie und bei größeren Zusammenkünften die Voraussetzung, dass nur geimpfte, genesene oder getestete Personen Zutritt hatten. Dies gilt ab einer Inzidenz von 35 auch in den Innenräumen aller Kultur- und Freizeiteinrichtungen, in Sportstätten und bei körpernahen Dienstleistungen, wie etwa dem Friseurbesuch, sowie beim Besuch von Einrichtungen der Behindertenhilfe. Nicht geimpfte oder genesene Hotelgäste müssen zwei Mal in der Woche einen negativen Test vorlegen.

          Ab einer Inzidenz von 50 ist in „Gedrängesituationen“ auch im Freien eine medizinische Maske zu tragen. Ab einer Inzidenz von 100 gilt die 3-G-Regel auch draußen, etwa in der Außengastronomie, beim Amateursport und in Freizeit- und Kultureinrichtungen. Im Einzelhandel gelten dann wieder die Quadratmetervorgaben, und die Maskenpflicht wird ausgeweitet. In der Schule müssen die Schüler am Sitzplatz eine Maske tragen. Beim Friseurbesuch und bei der Inanspruchnahme anderer körpernaher Dienstleistungen sowie im öffentlichen Nahverkehr muss dann eine FFP2-Maske getragen werden. Auch das Personal in Alten- und Pflegeheimen muss ab dieser Inzidenzstufe eine solche Maske tragen. Für nicht geimpfte oder genesene Personen gilt eine Zehn-Personen-Kontaktbeschränkung. Alle Regeln können auf www.corona.hessen.de eingesehen werden.

          Impfen ab zwölf Jahren

          Kultusminister Lorz kündigte an, dass es zu keinen erneuten Schulschließungen kommen werde. „Lassen Sie Ihre Kinder ab zwölf Jahren impfen“, appellierte Lorz an die Eltern und ergänzte mit Bezug auf die Empfehlung der Ständigen Impfkommission: „Wir können den Einschätzungen der Fachleute vertrauen.“ Je mehr Schüler geimpft seien, umso leichter falle es, einen sicheren Schulbetrieb zu gewährleisten. Zudem bot er den weiterführenden Schulen organisatorische Unterstützung dabei an, impfwillige Schüler auch in der Schule zu immunisieren. So könnte es laut Lorz beispielsweise Gruppentermine in Impfzentren geben. Am besten sei indes, wenn Kinder und Jugendliche noch in den verbleibenden zwei Wochen der Sommerferien geimpft würden.

          Geimpfte und nicht geimpfte Schüler sollen an Hessens Schulen gleichbehandelt werden, bis auf eine Ausnahme: Wer nicht geimpft ist, muss sich in der Schule testen lassen. Damit die Schüler neben den regelmäßigen Tests in der Schule keine weiteren Testnachweise mehr erbringen müssen, um etwa ins Kino oder ins Restaurant zu gehen, führt das Kultusministerium ein Testheft ein, in das Lehrer die Testergebnisse eintragen. Es soll auch außerhalb der Schule als Nachweis gelten.

          Kritik aus der Opposition

          Die ersten beiden Unterrichtswochen nach den Sommerferien sind sogenannte Präventionswochen. Alle Schüler und Lehrer werden in dieser Zeit drei Mal und nicht nur zwei Mal in der Woche getestet. Es muss unabhängig von der Inzidenz auch am Sitzplatz eine medizinische Maske getragen werden. „Wir wissen nicht genau, was die Reiserückkehrer aus dem Ausland mitbringen“, begründete Lorz die Präventionswochen.

          Die SPD- und die FDP-Fraktion im Hessischen Landtag kritisierten das Festhalten an der Inzidenz als Maßstab für weitere Maßnahmen. Die AfD-Fraktion sprach sich gegen eine Impfung von Kindern und Jugendlichen aus, weil die Risiken nicht abschätzbar seien. Die Fraktion der Linken warf der Landesregierung vor, kein Konzept zu haben, um die vierte Welle zu verhindern.

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