Burgfestspiele in Bad Vilbel : Ein dreifaches Hoch auf das Leben
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In der Wasserburg wird wieder gespielt: Das Musical „Das Dschungelbuch“ für Publikum von fünf Jahren an eröffnet den Burgfestspiel-Sommer Bad Vilbel. Bild: Eugen Sommer.
Plötzlich geht es ganz schnell: Die Bad Vilbeler Burgfestspiele können mit 200 Zuschauern je Vorstellung den Festivalbetrieb beginnen.
Die erste Premiere der Saison ist noch eine „interne“ gewesen – eine Handvoll Kollegen, mit weitem Abstand auf der Tribüne der Wasserburg. Als Kirsten Uttendorf am 16. Mai ihre „Unendliche Geschichte“ zeigte, war gerade erst klar geworden: Es kann dank der niedrigen Fallzahlen im Landkreis tatsächlich mit 200 Zuschauern gespielt werden. Jetzt stehen die Burgfestspiele Bad Vilbel vor einer Saison mit vollem Programm – nur unter Corona-Auflagen.
Je zwei luftig arrangierte Plätze sind nun durch Plexiglasscheiben getrennt, ansonsten herrscht heiterer Betrieb, wohl mit deutlich mehr Aufwand für die vielen Helferinnen, die mit Engelsgeduld auf das Einhalten der Regeln, die patente Ampellösung an den Waschräumen und die Platzierung achten. Wie es im Ticketbüro zugehen muss, kann man nur erahnen, wenn das Publikum nun mit Wünschen zur Umbuchung, Erstbuchung, Erstattung seinen Festivalsommer plant. Wer noch Tickets aus der Vorsaison hat, kann im Festivalkalender nachsehen, welche Vorstellung in diesem Jahr seinem Vorjahrestermin entspricht. Gespielt wird diesmal nur an der frischen Luft, auch musikalische Gastspiele soll es geben.
Kurzarbeitergeld für die Darsteller
Im vergangenen Jahr hat Intendant Claus-Günther Kunzmann zwar zunächst abgesagt, im Hochsommer aber noch einen Festival-Torso mit zwei Inszenierungen veranstaltet, alles andere ist auf dieses Jahr verschoben worden. Die Kulissen waren fertig gebaut, die Darsteller hatten die Zusage, in dieser Saison wieder engagiert zu sein. Kunzmann hatte damals mitgeteilt, die Darsteller erhielten 80 Prozent der Gagen als Kurzarbeitergeld – dafür arbeiten sie in dieser Saison für etwas weniger, konnten aber planen, ebenso die Burgfestspiele selbst.
Der größte Teil der ursprünglichen Besetzung ist also auch beim Musical „Das Dschungelbuch“ an Bord geblieben, wie Lukas Schwedeck als unbedarfter Mowgli, der darauf hoffen darf, dass es bis zu seiner letzten Vorstellung Anfang September noch deutlich wärmer wird für sein frostig-knappes Urwaldkostümchen.
Glanzlichter mit einem Hauch Gefahr
Pech wird das eher für den gemütlichen Baloo (Boris Böhringer) und den eleganten Panther Bagheera (Raphael Köb), die mit reichlich Kunstpelz ausstaffiert sind und bestimmt bald ins Schwitzen kommen. Weil es aber noch in den Sternen steht, ob und wie vormittägliche Vorstellungen für Kitas, Schulen und Ferienbetreuung stattfinden werden, könnte es sein, dass sie etwas weniger als im Vorjahr geplant auf der Bühne singen, tanzen und Witze machen werden.
Denn auch wenn es allerhand Szenen gibt, die besonders für Kinder von fünf Jahren an Hochspannung bedeuten, hat Regisseur Christian Voss in bewährter Art Komik, sogar ein bisschen Klamauk, Gänsehaut und eine positive Botschaft in das Musical nach Rudyard Kipling gepackt. In 105 familientauglichen Minuten samt Pause geht es dem Happy End entgegen. Die Songs sind nicht identisch mit den berühmten aus der Disney-Verfilmung, aber sie treffen die Charaktere der Dschungelbewohner genau, ein Höhepunkt ist das grandiose Chanson der Schlange Kaa (Sonja Herrmann) die als alternde Diva stimmlich und spielerisch tragikomische Glanzlichter mit einem Hauch Gefahr setzt.
Die Musik ist zwar als Konserve eingespielt worden, gesanglich aber legen sich die 14 Darsteller genauso ins Zeug wie in den eingängigen Choreographien (Kerstin Ried). Und mag das Einheitsbühnenbild auch etwas karg geraten sein, die Kostüme (Monika Seidl, Heike Meixner) machen das allemal wett, vom wollgrauen Wolfsrudel bis zum Frackträger Chil, dem vergesslichen Geier (Krisha Dahlke), der bald zum Liebling der Kinder avanciert. Dass Baloo statt der Gemütlichkeit ein „dreifaches Hoch auf das Leben“ anstimmt, könnte fast als Motto für den Festivalsommer dienen.
Vorstellungen von 3. Juni an, dann hat auch das Abendprogramm mit „Comedian Harmonists“ Premiere. Informationen unter kultur-bad-vilbel.de/burgfestspiele.