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Bürgerentscheid zur Rennbahn : Mit Loriot gegen den DFB

Ja, wo laufen sie denn? Die Pferde haben frei, hinten wird gegolft. Bild: Max Kesberger

Der Bürgerentscheid zur Frankfurter Rennbahn steht kurz bevor: Am Sonntag heißt es DFB-Akademie oder Pferdesport. Auf der Rennbahn in Sachsenhausen machen sich die Pferdefreunde Mut.

          2 Min.

          Der Pferderennsport gilt als elitär. Wenn noch ein Golfplatz in der Mitte der Rennbahn liegt, dann muss die Anlage abgeriegelt sein wie eine Reichensiedlung in Rio de Janeiro. So weit das Klischee. Interessanterweise kann man die Pferderennbahn in Sachsenhausen ohne jede Kontrolle betreten. Die Sonne scheint, am Horizont glitzern die Bankentürme, zwei Wassersprinkler tränken die Rennbahn, auf der sich zwei Hunde spielerisch jagen. Ein Golfer jubelt über einen eingelochten Übungsschlag. Dort, wo an Renntagen die Fahnen hängen, klappern die Stahlseile an den Masten im Wind, es klingt wie ein Pfeifkonzert.

          Jonas Jansen
          Wirtschaftskorrespondent in Düsseldorf.
          Rainer Schulze
          Redakteur in der Rhein-Main-Zeitung.

          Neben der alten Tribüne der Pferderennbahn steht ein blitzsauberer Porsche Cayenne. Wer durch die angelehnte Tür des Gebäudes tritt, fühlt sich jedoch in eine andere Welt versetzt: verlassene Tickethäuschen, in denen noch Eintrittskarten und Wettscheine liegen, verstaubte Feuerlöscher und vergilbte Sticker, die für Pferderennen werben. Für große Veranstaltungen wird der Innenraum unter der Tribüne manchmal geöffnet, drei Renntermine gibt es noch in diesem Jahr, den nächsten Anfang August. Momentan sieht es hier aus wie in einem Museum, in dem Besucher eine Party gefeiert haben: In einem Gebäude-Modell liegt ein Stück Pizzarand, halbleere Flaschen und ein paar Aschenbecher stehen herum. Auf der Tribüne obendrüber liegen Wodka- und Weinflaschen zwischen den Sitzschalen.

          Von wegen fair und respektvoll

          In den vergangenen Wochen habe es Probleme mit Randalierern gegeben, sagt Christiane Weil-Daßbach vom Vorstand des Renn-Klubs. Geklaut habe niemand etwas, aber die Ballmaschinen des Golfclubs seien zerstört worden. Weil-Daßbach steht gleich neben der Tribüne im Büroeingang, das derzeit zum Kampagnenzentrum der Initiative „Pro Rennbahn“ umfunktioniert wurde. Über dem Eingang hängt Loriots berühmte Zeichnung der beiden Galoppzuschauer. Allerdings steht nicht „Wo laufen sie denn?“ darunter, sondern „Achtung, Bagger im Anmarsch“. Hier arbeitet der ganze Renn-Klub-Vorstand gemeinsam mit einigen Freiwilligen daran, dass am Sonntag möglichst viele Stimmen für den Erhalt der Rennbahn zusammen kommen. Die Stimmung ist gut, routinemäßig spult jeder, den man fragt, die Argumente ab: zu Subventionen, anderen möglichen Standorten und den Plänen von Stadt und DFB.

          Doch am überzeugendsten ist Lutz. Er ist eine Art Hausmeister, kümmert sich um alles an der Rennbahn, statt Porsche fährt er ein altes, grünes Golfkart. Weil ihn alle ohnehin nur als Lutz kennen, soll es beim Vornamen bleiben. Wenn er morgens um halb sechs mit seinem Kaffee oberhalb der Tribüne sitzt, da, wo sonst Kameras stehen, und den Sonnenaufgang beobachtet, dann fühlt er diese innere Zufriedenheit. Die will er sich nach sieben Jahren nur ungerne nehmen lassen. „Der DFB wirbt mit ,Fairness und Respekt‘“, sagt Lutz. „Doch das alles ist weder fair noch respektvoll. Das kotzt mich an.“ Lutz ist in Berlin auf der Pferderennbahn aufgewachsen - hier könnte er gut alt werden. Elitär ist anders.

          Rennsport finanziert Wahlkampagne mit

          Köln, Leipzig, Meerbusch, Erbach, Krefeld, Düsseldorf und immer wieder Iffezheim: Wer sich die Liste mit den Spenden für die Wahlkampagne der Rennbahnfreunde genauer anschaut, erkennt ein Bild. Die Namen der Spender sind zwar geschwärzt, aber die Bankleitzahl gibt Auskunft über die Herkunft des Geldes. Die Großspenden stammen aus Städten mit Galopprennbahnen: 60 000 Euro aus Köln, 3000 Euro aus Erbach, 5000 Euro aus Leipzig, 5000 Euro aus Meerbusch bei Neuss, 2300 Euro aus Krefeld, 2500 Euro aus Düsseldorf und immer wieder Spenden aus Iffezheim: Mehr als 30.000 Euro wurden aus der kleinen Gemeinde bei Baden-Baden überwiesen, auf der seit mehr als 150 Jahren die Vollblüter über das Geläuf der Rennbahn galoppieren. Die meisten Großspenden, aber auch viele kleinere Beträge wurden von Banken überwiesen, die nicht in Frankfurt sitzen. Wer allein die größeren Summen addiert, kommt auf mehr als 125 000 Euro. Der Großteil der 175 000 Euro, die die Rennbahnfreunde gesammelt haben, stammt also nicht aus Frankfurt. Dass die Kampagne zum Erhalt der Rennbahn von auswärts unterstützt wird, streitet der Schatzmeister des Renn-Klubs, Carl-Philip Graf zu Solms-Wildenfels, nicht ab. Natürlich hätten auch die Züchter und die Rennsportverbände ein Interesse am Erhalt der Rennbahn. „Die Verbände sitzen ja nicht in Frankfurt“, sagt er. Unter anderem gab die in Köln beheimatete Besitzervereinigung für Vollblutzucht und Rennen 25 000 Euro. 15 000 stammen von der Baden-Badener Auktionsgesellschaft. Auch viele Einzelspenden stammten aus dem Rennsport, sagt Solms, der aber auch von Frankfurter Kleinspendern berichtet. Sie sind, nachweislich der Liste, aber in der Minderheit. Dass die Stadt auf Werbung für das geplante DFB-Leistungszentrum und den Bürgerpark verzichtet hat, erläutert der Sprecher des Planungsdezernats mit den hohen Kosten. „Für eine Kampagne in dieser Größenordnung wollten wir das Steuergeld nicht verwenden.“

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