Blockupy-Proteste in Frankfurt : Kritik und Verständnis für Gewalt
- Aktualisiert am
Bild: Max Kesberger
Bei Ausschreitungen rund um die Proteste in Frankfurt sind Dutzende Polizisten und zahlreiche Demonstranten verletzt worden. Die Blockupy-Organisatoren äußern auch Verständnis für die Demonstranten. Die Bundesregierung verurteilt die Gewalt scharf.
Rund 6000 Menschen haben nach Schätzungen der Blockupy-Organisatoren am Morgen an den Protesten rund um die EZB teilgenommen. 1000 von ihnen seien Aktivisten aus dem Ausland gewesen, sagte Christoph Kleine, ein Sprecher des Blockupy-Bündnis. Für eine Gesamtbilanz sei es wegen der Vielzahl der Nebenschauplätze jedoch noch zu früh, sagte Kleine weiter. Die Organisatoren gehen von mindestens 128 verletzten Demonstranten aus. 107 seien durch Pfefferspray und Tränengas verletzt worden, 21 weitere durch Schlagstöcke.
Zu einer Kundgebung auf dem Römerberg und einem Zug durch die Innenstadt erwarten die Veranstalter am Nachmittag 10.000 Teilnehmer.
Blockupy-Anmelder Ulrich Wilken (Die Linke) zeigte sich „entsetzt und bestürzt“ angesichts der Gewalt am frühen Mittwochmorgen. „Das ist nicht das, was wir geplant haben“. Man habe es nicht geschafft, das gewünschte Bild der Proteste in der Öffentlichkeit herzustellen, gab Wilken zu.
Er zeigte jedoch auch Verständnis „für die Wut und die Empörung“ der Demonstranten auf die Politik der Europäischen Zentralbank. Bei der Kundgebung auf dem Römerberg am Nachmittag wolle das Bündnis einen „Kontrapunkt“ gegen die gewaltsamen Proteste vom Morgen setzten. „Wir wollen unseren Demo-Konsens eines lauten, bunten, aber friedlichen Protests durchsetzten“, betonte Wilken. Was die Blockupy-Organisatoren genau planen, um erneute Krawalle zu verhindern, ließ der hessische Landtagsabgeordnete offen.
Blockupy-Sprecher Kleine machte die Polizei für die Eskalation mitverantwortlich. „Die Aktivisten waren geschockt vom Ausmaß der Gewalt“. Die Demonstranten hätten massive Brutalität seitens der Polizei erlebt, darunter Tränengas- und Schlagstockeinsätze. Aktuell habe die Polizei die Naxos-Hallen umstellt, in denen sich viele Aktivisten ausruhten und bei einer Suppe stärkten, berichtete Kleine.
Alle aktuellen Entwicklungen im FAZ.NET-Liveticker
Die Bundesregierung hat die schweren Ausschreitungen bei den Protesten scharf verurteilt. Es sei ein „erschreckendes Bild von Gewaltbereitschaft, das durch gar nichts gerechtfertigt ist“, sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Mittwoch in Berlin.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, niemand habe das Recht, Polizei- und Feuerwehrfahrzeuge anzuzünden. Man solle auch gar nicht anfangen, über mögliche Gründe für dieses Verhalten zu diskutieren.
„Für die Bundesregierung ist das Grundrecht, sich frei und freiheitlich und friedlich zu versammeln und ebenso zu demonstrieren, ein sehr hoher Wert“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. „Gewalttätige Auseinandersetzungen oder eben ein gewalttätiger Missbrauch des Demonstrationsrechts durch organisierte Gewalttäter, das ist etwas völliges anderes und das verurteilt die Bundesregierung.“ Zu der Eskalation der Proteste und dem Einsatz der Polizei wollte Seibert sich nicht äußern. Für die polizeilichen Befugnisse seien die Bundesländer zuständig, sagte er. „Und da werden auch die Lagebeurteilungen gemacht.“
Schon in den frühen Morgenstunden hatten Demonstranten rund um die EZB-Zentrale Zufahrtstraßen blockiert. Andere Gruppen versuchten, sich der Zentralbank zu nähern, und wurden von der Polizei aufgehalten. An der Flößerbrücke, einige hundert Meter vom Sperrgebiet um die EZB entfernt, setzte die Polizei gegen 8 Uhr auch Wasserwerfer und Tränengas ein. Sanitäter behandelten daraufhin mehrere Verletzte.
Nach Angaben einer Polizeisprecherin wurden bis 10 Uhr im gesamten Stadtgebiet acht Beamte vor allem durch Steinwürfe verletzt. Weitere 80 Polizisten seien mit einer „Reizgas-ähnlichen“ Flüssigkeit besprüht und verletzt worden. Zudem seien insgesamt sieben Polizeiwagen angezündet und sieben weitere unter anderem durch Steinwürfe beschädigt worden. Der Polizeisprecherin zufolge setzten die Beamten am Vormittag eine „Störergruppe“ von rund 500 Menschen fest. Bis 10.30 Uhr gab es fünf Festnahmen. In der Frankfurter Innenstadt wurden außerdem mehrere Gebäude beschädigt - unter anderem das zentrale Bürgeramt der Stadt.