Arbeitnehmervertretung im Einzelhandel : Betriebsrat unerwünscht
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Neuerdings mit Arbeitnehmervertretung: Apple-Geschäft in Frankfurt Bild: Rosenkranz, Henner
Nicht nur bei Hollister scheint es schwer, eine Arbeitnehmervertretung zu gründen. Auch anderswo im Einzelhandel sind Betriebsräte ungern gesehen, wie Gewerkschafter berichten.
Darauf ist Bernhard Schiederig dann doch ein bisschen stolz: Die Apple-Filiale an der Freßgass’ in Frankfurt ist eine der ganz wenigen in Deutschland, die einen Betriebsrat hat. Wenn auch noch nicht lange. Vor einigen Monaten erst rafften sich die Mitarbeiter mit tätiger Hilfe der Gewerkschaft Verdi auf, nachdem in der Filiale der Haussegen schief hing. Die Anordnung der Arbeitszeiten und der Lärm in dem weitläufigen Ladenlokal waren zwei der Dinge, über die sich die Mitarbeiter aufregten, auch über die „Diktatur der guten Laune“ klagen offenbar manche. Es habe halt Probleme gegeben, sagt Schiederig, Fachbereichsleiter Handel bei Verdi Hessen. Und wie anderswo auch sei das dann Anlass für die Belegschaft, einen Betriebsrat zu gründen.
So war es auch bei Hollister. In dem Bekleidungsgeschäft im Frankfurter Einkaufszentrum MyZeil war ein Betriebsrat ins Leben gerufen worden, nachdem sich die Belegschaft über Taschenkontrollen und Videoüberwachung beschwert hatte; die Angelegenheit ist inzwischen vor dem Arbeitsgericht gelandet (F.A.Z. vom Freitag). Dass auch in diesem Fall, wie Gewerkschafter berichten, das Management die Gründung erschwerte, ist für Schiederig keine Überraschung. Betriebsräte im Einzelhandel - das ist für ihn ein Dauerthema. Er wisse von keiner einzigen Lidl-Filiale mit einer Arbeitnehmervertretung, sagt er, und während es bei Aldi-Nord üblich sei, dass es auf der Ebene der Regionalgesellschaften Betriebsräte gebe, könne bei Aldi-Süd davon nicht die Rede sein. In den Esprit-Filialen in Hessen gebe es nach seinem Wissen ebenfalls keinen einzigen Betriebsrat, bei Edeka nur an wenigen Standorten, und in inhabergeführten Geschäften seien solche Gremien ebenfalls kaum zu finden.
„Da brauchen Sie ein richtig dickes Fell“
Schiederig ärgert so etwas. Schließlich könne das Management in Betrieben mit Arbeitnehmervertretung nicht so frei schalten und walten, wie es wolle, sagt der Gewerkschafter. Doch hat er es nach seiner Darstellung mit mächtigen Gegenspielern zu tun. Es gebe Handelsketten, in denen Vorgesetzte Mitarbeitern die Gründung eines Betriebsrates auszureden versuchten, mit Argumenten wie dem, man sei doch eine große Familie, oder auch, weil die Betriebsratsarbeit Geld koste, gebe es dann einen geringeren Bonus am Jahresende für die Belegschaft. Und wenn sich in solchen Unternehmen doch jemand wählen lässt? „Da brauchen Sie ein richtig dickes Fell.“
Nicht überall aber sieht es so aus. Karstadt, Kaufhof - hier sind Arbeitnehmervertretung etabliert, bei H&M finden sich solche Gremien zumindest in jeder zweiten Filiale in Hessen, wie der Gewerkschafter berichtet. Bei Rewe gebe es einen Betriebsrat auf Regionalebene, auch bei Penny seien die Mitarbeiter organisiert.
Dass es im Einzelhandel generell schwierig ist, liegt aber nicht nur an Managern, die sich querstellen. Viele Mitarbeiter haben nur Teilzeitstellen, auch angesichts der hohen Fluktuation ist das Interesse an Betriebsratsarbeit bisweilen gering. Natürlich fallen dem Gewerkschafter allerhand Argumente für eine organisierte Arbeitnehmerschaft ein. So lasse sich dann mit mehr Nachdruck für höhere Löhne kämpfen. Derzeit werde doch der „ruinöse Preiswettbewerb“ im Einzelhandel auf dem Rücken der Belegschaft ausgetragen, meint Schiederig. Wenn Manager Betriebsratsgründungen verhindern, regt ihn das auf. Wenn die Belegschaft selbst kein Interesse hat, muss er das hinnehmen. „Wenn die Leute glauben, dass sie keine Interessenvertretung brauchen, dann gibt es halt keine.“