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260 Anträge abgelehnt : Inklusion überfordert viele Schulen

Sollen behinderte und nicht-behinderte Kinder gemeinsam unterrichtet werden, müssen auch ganz praktische Fragen geklärt werden.

Sollen behinderte und nicht-behinderte Kinder gemeinsam unterrichtet werden, müssen auch ganz praktische Fragen geklärt werden. Bild: dpa

Der Regelschulbesuch von behinderten Kindern scheitert häufig daran, dass den Schulen die räumlichen und personellen Voraussetzungen fehlen.

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          Der Regelschulbesuch von behinderten Kindern scheitert häufig daran, dass den Schulen die räumlichen und personellen Voraussetzungen fehlen. Laut einem Bericht des Kultusministeriums lehnten die Staatlichen Schulämter zum vergangenen Schuljahr 260Anträge von Eltern auf inklusiven Unterricht ab. In 227 Fällen wurde dies damit begründet, dass an der gewünschten Schule die sonderpädagogische Förderung nicht möglich sei, weil es dort nicht genügend qualifizierte Lehrkräfte gebe, das Gebäude nicht behindertengerecht sei, apparative Hilfen fehlten oder keine speziellen Lehr- und Lernmittel zur Verfügung stünden.

          Matthias Trautsch
          Koordination Reportage Rhein-Main.

          In lediglich 33Fällen war die Ablehnung pädagogisch begründet, also mit Zweifeln, ob das Kind in der Regelschule angemessen gefördert werden kann. Wie der Bericht, mit dem Kultusministerin Nicola Beer (FDP) auf eine Anfrage der Grünen-Landtagsfraktion antwortete, weiter ausführt, wurden zum Stichtag 30.September 2011 insgesamt 1386Neuanträge auf gemeinsamen Unterricht genehmigt. Rund die Hälfte davon wurden für Schulanfänger gestellt.

          „Eingeständnis des eigenen Scheiterns“

          Laut hessischem Schulgesetz haben behinderte Kinder zwar grundsätzlich Anspruch auf den Besuch einer allgemeinen Schule, doch gilt dies nur unter dem sogenannten Ressourcenvorbehalt. Dass viele Anträge mit dem Verweis auf fehlende Ressourcen abgelehnt werden, ist nach Meinung der Grünen ein Skandal. Hessen komme seiner durch die UN-Behindertenrechtskonvention vorgegebenen Verpflichtung nicht nach, ein inklusives Schulsystem einzuführen, äußerte der bildungspolitische Sprecher Mathias Wagner gestern. „Den Schulen müssen endlich die geeigneten Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam in eine Klasse gehen können.“

          Die schulpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Heike Habermann, wertete den Bericht des Kultusministeriums als „Eingeständnis des eigenen Scheiterns“. Der Ressourcenvorbehalt müsse aus dem Schulgesetz gestrichen werden. Das hätten auch alle Experten bei der jüngsten Novellierung des Schulgesetzes so vorgetragen. „Die Landesregierung wollte das nicht - Schwarz-Gelb will keine Inklusion“, sagte Habermann.

          Die Regierungskoalition habe nicht genug Mittel und Stellen für die Inklusion bereitgestellt. Den Vorschlag der SPD, das im Haushalt 2012 hierfür zur Verfügung stehende Budget zunächst um 20Millionen Euro zu erhöhen, hätten CDU und FDP abgelehnt. Auch die neue Verordnung über den sonderpädagogischen Förderbedarf verschlechtere die Bedingungen für die Inklusionsklassen. Dies führe „zur Entmutigung der Eltern und zu vergebenen Chancen für die Kinder“.

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