Prozess gegen „Lasermann“ : Mörder mit bereinigtem Lebenslauf
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Angeklagt: der „Lasermann“ vor Gericht in Frankfurt Bild: Frank Röth
John Ausonius, der „Lasermann“ aus Schweden, soll vor 25 Jahren eine Frau in Frankfurt getötet haben. Vor Gericht gibt er den geläuterten Kriminellen.
John Ausonius tritt am Mittwochmorgen vor die Kameras wie ein Mann, der sich für nichts zu schämen braucht. Mit geradem Rücken und erhobenem Kopf steht er eine Minute lang vor den Fotografen und Fernsehteams im Gerichtssaal, die Hände noch in Handschellen, und wendet den Blick nicht ab. Der Vierundsechzigjährige ist einer der bekanntesten Kriminellen Schwedens. Anfang der neunziger Jahre schoss er in Stockholm und Uppsala auf elf Männer, alle Migranten. Eines seiner Opfer starb, zehn überlebten schwer verletzt. Weil der damals zunächst unbekannte Täter meist ein Gewehr benutzte, das mit einem Laserzielgerät versehen war, taufte ihn die schwedische Presse „Lasermann“.
In Frankfurt steht John Ausonius vor Gericht, weil er am 23. Februar 1992 auch in Deutschland getötet haben soll. Das Opfer war die 68 Jahre alte Blanka Zmigrod, eine Jüdin. Als mögliches Motiv für den Mord wurde deshalb lange Antisemitismus vermutet.
John Ausonius traf Zmigrod in der Zeit zwischen seinem letzten Attentat und seiner Festnahme im Juni 1992. Er war damals auf der Flucht vor den schwedischen Behörden und reiste unter anderem nach Frankfurt. Zmigrod arbeitete als Garderobiere im Hotelrestaurant „Mövenpick“ am Opernplatz. Ausonius gab bei ihr seinen Mantel ab. In die Tasche hatte er ein elektronisches Notizbuch mit wichtigen Daten gesteckt. Doch das Gerät fehlte, als Zmigrod ihm den Mantel zurückgab. Ausonius brüllte sie an, sie solle es herausrücken, und verlangte von ihrer Chefin, Zmigrods Handtasche zu öffnen. Die Frauen gaben nicht nach und forderten ihn auf zu gehen. An der Tür drehte er sich noch einmal um und drohte der Garderobenfrau: „Wir sehen uns noch!“
Als Zmigrod am übernächsten Abend nach dem Feierabend auf dem Heimweg war, schoss ein Radfahrer sie nieder und entriss ihr die Handtasche. Eindeutige Beweise wie Fingerabdrücke oder DNA-Spuren fanden sich am Tatort nicht, wohl aber Munition. Sie gehörte zu einer automatischen Pistole, deren Besitzer Ausonius war. Die Waffe habe er kurz vor der Tat verkauft, sagte er deutschen Ermittlern, die ihn in den neunziger Jahren in einem schwedischen Gefängnis verhörten. Er verbüßt eine lebenslange Haftstrafe, seit ihn ein schwedisches Gericht 1994 wegen seiner Anschläge auf Zuwanderer verurteilt hatte. Beweisen konnten ihm die Ermittler die Tat in Frankfurt nicht.
Er will die Vorwürfe aus der Welt schaffen
Vermutlich wäre Ausonius nie wegen des Mordes an Zmigrod vor Gericht gekommen, wenn deutsche Ermittler, die 2013 die Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) untersuchten, nicht auf seine Geschichte gestoßen wären. Sie glauben, dass Ausonius’ Taten den NSU-Mördern als Vorbild dienten. Über eine Publikation des rechtsextremen skandinavischen Netzwerks „Blood & Honour“ sollen sie vom „Lasermann“ erfahren haben. Abermals verhörten deutsche Ermittler Ausonius in der Haft.
Dabei stießen sie, wie die Staatsanwältin nun im Prozess sagt, auf ein neues Indiz – welches das sein soll, verrät sie nicht. Ausonius gibt sich im Frankfurter Landgericht erleichtert darüber, dass es zu einem Prozess kommt. Er will die Vorwürfe aus der Welt schaffen und bei der Gelegenheit auch sein öffentliches Ansehen verbessern. In der Verhandlung sagt er auf Deutsch mit leichtem Akzent: „Über meine Kriminalität ist viel von den Medien geschrieben worden, und vieles ist nicht richtig.“ Dann setzt er sich eine randlose Brille auf, öffnet einen dicken Aktenordner und verliest fast eine Stunde lang seinen Lebenslauf. Das soll, so hofft er offenbar, die Kammer davon überzeugen, dass er Blanka Zmigrod nicht getötet hat.