Und ewig lockt der Zauberberg
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Davos im Blick: Das war die Aussicht der Patienten des Waldsanatoriums. Auf dem Balkon standen die Liegestühle für die Kur in der Winterluft. Bild: Waldhotel Davos
Österreich ist im Lockdown, die Schweiz startet in die Wintersaison. Wieso auch nicht? Hier kennt man sich seit 150 Jahren mit Krankheit und Niedergang aus. Ein Besuch in Davos.
Es hat geschneit in Davos, nicht viel, lange nicht so viel wie im Schneekapitel des „Zauberbergs“, aber immerhin, „zur rechten Zeit“, wie der Tourismuskommunikationschef sagt, weil nun die Wintersaison beginnt, die Buchungslage „sehr erfreulich“ sei, die Bergbahnen laufen und die Skipisten geöffnet sind. Jeder darf kommen, auch Ungeimpfte, auf der Internetseite ist kein Covid-Hinweis zu finden, und unter dem Slogan „Sports Unlimited“ steht im verführerischen Imperativ: „Der Winter kommt schneller, als man denkt. Rauf jetzt!“
Auch die vierte Welle kommt schneller, als man denkt. Die Infektionszahlen steigen rapide, auch in der Schweiz, und während sich Österreich, die andere Wintersportnation, im Lockdown befindet und Deutschlands Skigebietsbetreiber skeptisch auf die Saison blicken, tut die Schweiz fast so, als gäbe es kein Corona. Das war schon im vergangenen Winter so, und da hat es überraschend gut funktioniert. Vielleicht trägt die Schweizer Geschichte auch ihren Teil zu dieser Gelassenheit bei, die Geschichte des Kur- und Krankheitstourismus, die vor 150 Jahren dazu führte, dass Orte, die man heute als quicklebendige Ferienziele kennt, überhaupt erst entstanden sind. Allen voran Davos, die Gebirgsstadt in Graubünden, in der Thomas Mann seinen „Zauberberg“ angesiedelt hat, den großen Krankheits- und Niedergangsroman; der Ort, der 1926 allen Ernstes mit dem Slogan „Davos, das neue Mekka der Schwindsüchtigen“ für sich warb und die Kranken zu sich lockte.
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