Sparen auf Reisen : Biete weniger!
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Viele Wege führen ans Meer: Die Frage ist nur, welcher der günstigste ist. Bild: Fabian von Poser
Beim Hotelportal „Midnightdeal“ und dem Bezahlmodell „Pay as you wish“ können Kunden den Preis selbst bestimmen. Geschenkt gibt es dort aber nichts.
Wer verkauft den günstigsten Urlaub? Seit Jahren brüsten sich Internetfirmen wie Booking, Expedia, Groupon, Kayak, Secret Escapes, Urlaubspiraten und viele mehr damit, die besten Reiseschnäppchen im Netz anzubieten. Egal ob es sich um Flüge, Hotels oder Pauschalangebote handelt, wegen explodierender Energiekosten und der rasant steigenden Inflation spielt der Preis auch bei der Urlaubsbuchung eine immer größere Rolle.
Seit vergangenem Jahr tummelt sich auch das österreichische Start-up Midnightdeal auf dem deutschen Markt. Die Idee dahinter: Der Nutzer entscheidet, ob er dem Hotelier einen vorgeschlagenen Sofortpreis für die Übernachtung zahlen will oder lieber ein Gebot abgibt. Die Höhe des Gebots legt er per Schieberegler fest. Ein Emoji sagt ihm, ob der Preis angemessen ist. Wer ein faires Angebot macht, der sieht einen Lach-Smiley. Wer zu wenig bietet, dem erscheint ein trauriges Smiley. Um Mitternacht erhält der Kunde den Zuschlag per E-Mail – oder eben nicht.
Die Platzhirsche unter den Buchungsplattformen bieten heute Millionen von Hotels an. Allein Booking hat auf seiner Website mehr als 28 Millionen Unterkunftsangebote in so gut wie allen Teilen der Erde. Midnightdeal dagegen listet aktuell nur etwa 200 Hotels in rund einem Dutzend Ländern. Warum? „Wir verfolgen den Boutique-Hotel-Ansatz“, sagt Midnightdeal-Gründer Lukas Zirker. Sein Unternehmen setze auf „leistbaren Luxus“ und biete vor allem günstige Vier- und Fünfsternehotels an.
Kein Geld zurück
Bislang war das Angebot vor allem auf die Alpenländer sowie Italien und Kroatien fokussiert, also Regionen, die einfach mit dem Auto zu erreichen sind. Neuerdings bietet Zirkers Unternehmen auch Hotels in Frankreich, Spanien, Portugal und Griechenland an. Und das Geschäft läuft gut an. Mittlerweile hat der Unternehmer 25.000 Menschen auf Reisen geschickt. Heute wickelt er jeden Monat etwa 1000 Buchungen ab. Mit seinem Konzept sieht sich der Österreicher am Puls der Zeit. „Der Trend zum Urlaub mit Eigenanreise wird sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen“, ist er überzeugt.
Wer eines der sofort buchbaren Angebote auswählt, der spart angeblich bis zu 20 Prozent gegenüber den großen Portalen. Wer geschickt bietet, sogar bis zu 35 Prozent. Doch wie kommen die günstigen Preise zustande? Wer Schnäppchen sucht, der muss sich in der Community registrieren. Die Idee der geschlossenen Nutzergruppe ist keineswegs neu, kann aber preislich für den Kunden von Vorteil sein. Denn Hotels können innerhalb einer Community kurzfristig oft viel günstigere Konditionen anbieten als die mit den großen Portalen vereinbarten und öffentlich sichtbaren Preise.
„Wer sich an die Emojis hält, der bekommt zu 90 Prozent einen Zuschlag“, sagt Zirker. Von so einem „Deal“ profitieren nicht nur Kunde und Hotelier, sondern auch der Unternehmer selbst, denn Zirker bekommt für jedes vermittelte Zimmer eine Provision. Einen Haken hat die Sache allerdings: Muss ein Kunde doch einmal eine Reise stornieren, bekommt er kein Geld zurück. „Stornierungen sind bei uns nicht automatisch inbegriffen“, sagt der Unternehmer. „Wer jedoch Wert darauf legt oder mit viel Vorlauf bucht, der hat die Möglichkeit, eine Zusatzversicherung abzuschließen.“
Eigentlich auch ein Kunstprojekt
Zirkers Augenmerk liegt vor allem auf der Zielgruppe zwischen 20 und 40. Derzeit hat seine Community etwa 100.000 Mitglieder. Jeden Monat kommen bis zu 7000 neue hinzu. Und das Bieten macht tatsächlich Spaß: Man findet sich irgendwo zwischen Ebay und Poker wieder. Jedem, der ein Angebot abgibt, muss allerdings klar sein: Umsonst gibt’s bei Midnightdeal nichts. Nur jedes dritte Gebot wird vom Hotelier akzeptiert. Und prüfen, ob die Preise wirklich günstiger sind als anderswo, lässt es sich bestenfalls stichprobenartig bei Hotels, die auch auf anderen Portalen buchbar sind. Ob der Preis gut ist, das muss der Kunde am Ende selbst entscheiden.
Bei dem Preismodell „Pay as you wish“ wählt der Kunde den Betrag aus, den er für ein Produkt oder eine Dienstleistung zahlt. Mindestpreis gibt es normalerweise keinen. Das Modell lebt von dem Gedanken der Solidarität. So haben jene Menschen, die es sich leisten können, mehr zu zahlen, die Möglichkeit, jenen Anteil, den andere nicht übernehmen können, auszugleichen. Das bietet finanziell eingeschränkten Personen die Möglichkeit, am sozialen Leben in Restaurants, Cafés und Kulturstätten teilzunehmen. Dass es auch wirtschaftlich funktioniert, zeigen unterschiedliche Beispiele auf der ganzen Welt. So auch das Café Gagarin, ein kollektivgeführtes Lokal in Wien, das zwar für Getränke fixe Preise stellt, aber den Kunden bei der Bezahlung von Speisen freie Hand lässt.
Der Innenraum, der ein wenig an einen Partykeller erinnert, steht zudem für kulturelle und politische Veranstaltungen zur Verfügung, was ebenfalls auf den gesellschaftspolitischen Grundgedanken solcher „Pay as you wish“-Formate verweist. Im Grunde genommen eine antikapitalistische Tugend, die zeigt, dass es auch anders funktioniert, wenn man den Mitmenschen vertraut und an Fairness glaubt. Davon, dass genau das funktioniert, erzählt Andreas Strauss, der Initiator von Dasparkhotel. Es handelt sich dabei um ein nicht kommerzielles Übernachtungsprojekt, das als „Gastfreundschaftsgerät“ bezeichnet wird und eigentlich auch ein Kunstprojekt ist. Bestehen die Hotels doch aus möblierten Kanalrohren, die in Parkanlagen platziert wurden. Mittlerweile ist Dasparkhotel an drei Standorten in Deutschland und Österreich vertreten.