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Reisebuch : Aufgehen in der Gemeinschaft

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Reisebuch

          1 Min.

          Das Buch ist so komplex wie das Leben des Mannes, dessen Wirken es zum Thema hat. Georg August Zenker (1855–1922) ist eine wichtige Randfigur in der Kolonialpolitik des wilhelminischen Deutschlands. Er verbrachte einen Großteil seines Lebens in Afrika, vor allem in Kamerun, zeigte zuerst die Mentalität eines weißen Herrenmenschen im Stil der damaligen Zeit, änderte aber rasch sein Verhalten, suchte nicht nur Kommunikation und Austausch, sondern integrierte und assimilierte sich den indigenen Gesellschaften, bis hin zu den polygamen Praktiken seiner Umgebung, er hatte mehrere Frauen und eine Reihe von Kindern. Obwohl er keine akademische Ausbildung genossen hatte, leistete er im Busch rund um die Forschungsstation Bipindi wertvolle wissenschaftliche Arbeit und versorgte Institutionen des Reichs, darunter die Friedrich-Wilhelm-Universität in Berlin, mit Tausenden botanischer und zoologischer Präparate, aber auch mit Menschenschädeln.

          Bild: Verlag

          Der Reiz des Bildbandes „Zenker“ verdankt sich weitgehend der wilden Montage heterogener Materialien, die ein wenig der Poetik von Walter Benjamins „Passagen“-Projekt zu folgen scheint. Eine historische oder sachliche Einordnung fehlt. Dadurch entgeht man natürlich auch den aufgeregten postkolonialen Diskursen der Gegenwart. Wenn man den Band aufschlägt, begegnet man sofort schönen, großformatigen, düsterfarbigen Dschungel-Fotos von Jonas Feige und Yana Wernicke, die uns einen ersten Eindruck von Zenkers Lebens- und Erfahrungswelt geben sollen, sie werden ergänzt durch Porträts der zahlreichen Zenker-Nachkommen und durch historische Schwarz-Weiß-Aufnahmen. Wer sich in Zenkers Kosmos vertiefen will, kann seinen abgedruckten Briefwechsel, die Dokumente und die Interviews mit den Nachkommen lesen. lem

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