Prenzlau in der Uckermark : Einsamer nie als im Kasino
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Hier geht es Richtung Zukunft: Ein Graffiti des städtischen Prestigeprojekts „Sonnenkap“ an einer Prenzlauer Hauswand Bild: Andreas Pein
Was einmal die Hauptstadt der Uckermark war, ist heute verloren zwischen Backstein und Platte: Der Dichter Gottfried Benn lebte hier wenige, aber entscheidende Monate.
Wer sich von Südosten der Stadt nähert, der kommt als Erstes am „Marktkauf“ vorbei. Einem riesigen Einkaufszentrum, in das die Menschen aus der gesamten Region strömen. Tierfutter wird angepriesen, McDonald’s-Flaggen wehen im Wind – ein bisschen amerikanisches Provinzflair liegt in der Luft. So als würde Bruce Springsteen gleich von einem Pick-up springen und im Baumarkt verschwinden. Gegenüber vom „Marktkauf“ begrüßt Prenzlau – dessen Name den meisten wohl nur vom Berliner Edelkiez Prenzlauer Berg bekannt sein dürfte – seine Besucher auf einem Ortsschild mit dem verheißungsvollen Slogan „Stadt küsst See“. Dann kommen erst mal nur Neubauten und hier und da ein paar Backsteinhäuser. Rechter Hand passiert man militärisches Sperrgebiet. „Uckermark-Kaserne“ steht auf der von Stacheldraht geschützten Mauer. Seit 2007 ist hier das letzte Fernmeldebataillon der Bundeswehr stationiert.
Mit ihrer Kommunikationstechnik verbinden die Fernmelder aus Prenzlau deutsche Heeressoldaten weltweit. Im Gefecht werden Befehle und Informationen mit ihrer Hilfe schnell ausgetauscht. Darüber hinaus richtet das Bataillon auch Gefechtsstände und die Infrastruktur für Sprach-, Bild- und Videoübertragung ein. Hier sitzt also die zentrale IT-Verwaltung der Bundeswehr. Dass ein Uniformierter gerade auf sein schickes E-Bike steigt und eine Seitenstraße hinabfährt, die vor einem guten Jahrhundert ein Offizier entlanggelaufen sein könnte, der später ein großer Dichter werden würde, passt da gut ins Bild.
Popcorn zum Mitnehmen
Mehr ist von einer glanzvollen militärischen Vergangenheit jedenfalls nicht übrig geblieben. 1234 von einem Pommernherzog gegründet und wenig später unter brandenburgische Herrschaft genommen, schaut Prenzlau auf eine über dreihundertjährige Geschichte als Garnisonsstadt zurück. Bereits 1767 wurden Kasernen für zwei in Prenzlau stationierte Infanteriebataillone errichtet. Militärische Bauten prägen bis heute das Bild der ehemaligen Hauptstadt der Uckermark und werden inzwischen als Verwaltungs- oder Schulgebäude genutzt. Mindestens so reichhaltig wie die militärische ist die sakralbauliche Historie der Stadt. Schon bei seiner Gründung verfügte Prenzlau über ein Kloster, das reumütige Prostituierte aufnahm, und vier Pfarrkirchen. Die berühmteste von ihnen ist die Marienkirche, deren zwei Giebeltürme die Stadt hoch überragen. Das Bauwerk gilt als herausragendes Beispiel norddeutscher Backsteingotik und wirkt – umgeben von Plattenbauten und Glasfassaden – wie ein Zeuge aus ferner Vergangenheit. In der prunkvollen dreischiffigen Hallenkirche wurde während des Dreißigjährigen Krieges der bei Lützen gefallene Schwedenkönig Gustav Adolf für ein paar Tage aufgebahrt. Heute finden hier vor allem Kunstausstellungen und Konzerte, aber keine Gottesdienste mehr statt. Auf den Treppen vor einem Seiteneingang des verschlossenen Sakralbaus hat ein Prenzlauer Familienvater Teelichter aufgestellt, die er regelmäßig im Gedenken an die Eltern entzündet, die im Moment besonders gefordert sind. An die müsse man neben den Pflegekräften auch denken, hat er unlängst in einem Interview mit der Lokalzeitung gesagt.