Kroatien : Mit der roten Zora, auf immer und ewig
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Die Bande und Fischer Gorian: Andjelko Kos (hinten Mitte), der den Nicola in der Fernsehserie spielte, lebt noch heute in Senj. Bild: Horst Prange / Bayerischer Rundfunk
Das Kinderbuch "Die rote Zora und ihre Bande" von Kurt Held hat das kroatische Senj unvergessen gemacht. Der Schriftsteller verbrachte den Sommer 1940 in der Hafenstadt. Ihre Bewohner feiern Zora heute als Patriotin.
Vielleicht haben sie die Nacht mehr geliebt als den Tag. Zora und Branko, Duro, Pavle und der kleine, zarte Nicola, der für eine dicke Sängerin schwärmte. Essen wollten sie und frei sein und Freiheit und Gerechtigkeit für alle, und Zora wollte Branko, aber der wollte sie nicht. Er wollte Zlata, die schöne Zlata, die Tochter des Bürgermeisters. Fast hätte er sie gekriegt. Doch Kurt Held, der Autor von "Die rote Zora und ihre Bande" hat es nicht zugelassen, dass die Geschichte böse endet.
In den Sommernächten des Jahres 1940 schläft die Not in Senj für den Moment, und Begovic, der Gendarm, schläft seinen Schnapsrausch aus. Ein kühler Wind weht durch die Stadt; Bora nennt man ihn hier. Auf der Anhöhe vor der Stadt, auf dem Westturm der Burg Nehaj, lehnt Zora an Brankos Schulter und hofft, dass er für immer bei ihr bleibt. Die beiden wissen noch nichts von der Liebe und nicht, warum sie sie nicht zusammenführt. Aus der Stadt dringt Lärm zur Burg empor - im "Nehaj", dem Kaffeehaus, wird getanzt, vor dem "Adria", dem Hotel auf dem Cilnicaplatz, spielt eine Romakapelle zum Tanz. Der Postdampfer aus Fiume hat neue Gäste mitgebracht. Matrosen, Holzarbeiter und die Mädchen aus der Tabakfabrik strömen durch die Gassen. Bis zum Morgen werden sie sich vergnügen.
Sinnbild des Kampfes
Stille dagegen oben auf der Burg Nehaj, die die Stadt beherrscht, den Pass und das Meer bis zu den Inseln Krk, Goli Otok und Rab hin. Manchmal faucht ein Windstoß der Bora um die Zinnen, und manchmal ist da ein Kichern in den Sträuchern am Hang, Liebespaare. Nehaj, eine Ruine, ein mythischer Ort, ein Ort, der unvergänglich scheint: Im sechzehnten Jahrhundert war die Festung der Hauptsitz der Uskoken, einer militärischen Gemeinschaft von Kroaten, die von den Türken aus ihren angestammten Gebieten vertrieben worden waren. Sie ist ein Sinnbild des Kampfes, und kämpfen wollen Zora, Branko und die anderen Mitglieder der Bande. Einen Frühling und einen Sommer lang ist Nehaj Wohnstätte, Schlafstätte, Fluchtpunkt der fünf Waisen von Senj.
Groß ist die Not von Zora und den Jungen, groß ist die Not der einfachen Leute in Senj und auch in den Dörfern und Weilern in den Bergen ringsum. Arbeit gibt es kaum. Fiume, fünfzig Kilometer nördlich von Senj gelegen, ist längst der bedeutendere Hafen an der Ostküste der Adria.
Hungrig und vogelfrei
Viel Fels gibt es an der Küste und selten einen Halm. Stur sind die Leute, erbarmungslos, sie müssen es sein. Sie kratzen sich ihr Leben zusammen. Wasser schaffen sie in Fässern heran und gießen damit die paar Obstbäume und das Gemüse, das sie haben. Den fruchtbaren Boden schützen sie mit Mauern aus Felsgestein, damit ihn die Bora nicht holt. Im Sommer ist die Bora manchmal ein Segen, im Winter ist sie ein Fluch.