Metal-Festival in Kärnten : Für Wacken reicht der Schnee
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Schnee ist nicht mehr genug: In Kärnten lärmen jedes Frühjahr Metaller beim Musikfestival „Full Metal Mountain“. Bild: Kai Swillus
Dass auf den Après-Ski-Hütten in Kärnten ein paar Tage lang Hardrock statt Helene Fischer läuft, hat mit den Problemen des Wintersports zu tun. Und einfach so ins Bett zu gehen, geht gegen die Rockerehre.
Der Saal kocht. Also, der Saal ist eigentlich ein Zelt, das mitten auf der Alm im Schnee steht. Aber das Publikum hüpft im Takt auf und ab und schreit. Etliche recken die Hände als Faust mit erhobenem Zeige- und kleinem Finger, die „Pommesgabel“ nennen sie das hier, ursprünglich symbolisierte es mal die Hörner des Teufels, die Geste der Heavy-Metal-Fans. Gerade spielt die Band Alestorm aus Schottland ihren Folk-Hardrock. Die Finger des Keyboarders fliegen über die Tasten. Die Bassdrum pulsiert.
Aber vor der Tür gibt es eine Diskussion. Drüben, in der „Bärenhütte“, erzählt jemand seinen Freunden, spielen sie angeblich ein Spiel: Wer reinkommt, muss im Handstand einen Kräuterschnaps trinken. Vielleicht ist dort noch mehr Action? Also stapfen ein paar Männer durch den Schnee davon. Es gibt viel zu sehen beim Festival „Full Metal Mountain“ und vor allem sechs Tage lang laute, harte Musik im Schnee zu hören, gut 1500 Metalheads sind da (so nennen sich die Fans). Sie haben dreihundert Euro gezahlt, ohne Unterkunft. Wer von der „Mountain Stage“ runter ins Tal will, zu den Konzerten im „Metal Tent“, kann Ski oder Snowboard fahren. Die Konzerte finden an der Piste statt.
Plastikfiguren von jedem Bandmitglied
Wer immer noch fehlt, am dritten Abend des Festivals, ist die Band Hämatom. Der Star dieses Jahres. Zwar treten auch Kreator auf, aber die kennt man ja schon. Hämatom sind die neue große Sache im deutschen Metal. Sie standen mit ihrem sechsten Album kurz auf Platz zwei der Charts, sie haben ein eigenes kleines Festival und Tausende, treue Fans, allein 150 000 auf Facebook, und sogar einen Fanshop, in dem es kleine Plastikfiguren von jedem Bandmitglied gibt.
Nur der Bandbus steckt im Schnee fest. Mehrere Stunden verspätet, um Mitternacht, kommen die Franken an. Vier Musiker und ein Team von weiteren sieben. Das ist für diese Band die kleine Variante – normalerweise reist sie mit fast dreißig Mann und einem Zwanzigtonner. In der Hotelhalle fragt Leo, der Manager: „Wollt ihr ins Bett, oder trinken wir noch ein Bier?“ Alle lachen. Einfach so ins Bett zu gehen, das ginge wohl gegen die Rockerehre.
Dass auf den Après-Ski-Hütten für ein paar Tage nur Hardrock läuft und nirgends Helene Fischer, zeigt einen Wandel. (Und einen, der nicht jedem passt: Einer der Wirte der Gegend soll sich geweigert haben und spielt weiterhin Schlager.) Zudem hat der Wintersport in Zeiten des Klimawandels ein Problem. Schneesicherheit gibt es in Deutschland und Österreich kaum noch, eine aktuelle Studie spricht von einem Rückgang des alpinen Schnees um siebzig Prozent, die Winter in den Alpen sind bis zu dreißig Tage kürzer als in den sechziger Jahren. Die Skigebiete suchen Antworten, sei es mit Eisstockschießen oder Curling, mit dem allgegenwärtigen Nordic Walking oder exotischen Angeboten wie Lamatrekking. In Tröpolach am Nassfeld, dem größten Skigebiet Kärntens, geht nichts mehr ohne Schneekanonen. Die gleichmäßige Piste endet an den Seiten mit einer scharfen Kante, daneben spielen Kinder auf der grünen Wiese.