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Straßenfotografie in London : Irgendwo auf der Welt

Manchmal, sagt Andrea Rocca, komme es ihm beim Fotografieren vor, als sei er auf Safari. Bild: Andrea Rocca

Undurchschaubar schön: Wenn Andrea Rocca in London auf Bildersuche geht, werden Passanten zu Gespenstern.

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          Auf seinem Instagram Account nennt sich Andrea Rocca „Mechanical Eyelid“, und als Ortsmarke seiner Bilder verwendet er gern und häufig „Somewhere on Earth“. Das klingt nach Science-Fiction und einer gewissen Emotionslosigkeit, fast so, als scanne eine automatisierte Maschine die Welt. Klick, klick, klick nimmt sie ihre Bilder auf, und dann läuft ihr mal ein alter Mann direkt vor die Linse, oder es steht im Moment der Aufnahme eine junge Frau der roten Ampel wegen an einer Kreuzung. Aber so ist es natürlich nicht. Andrea Rocca ist keine Maschine, und fragte man seine Freunde, sagt er, würden sie ihn ganz sicher als freundlich und zuvorkommend bezeichnen. Seinen Fotografien aber ist etwas Düsteres eigen, als suchte er nach der dunklen Seite des Lebens. Als wolle er in Verborgenes vordringen. Und dann gesteht er, dass der beim Betrachten und Auswählen seiner Arbeiten stets hoffe, etwas zu entdecken, dass ihm an Ort und Stelle nicht aufgefallen sei. Als könne er in dieser geheimnisvollen Atmosphäre, der er nachspürt, ein Geheimnis lüften. Aber am Ende vermag auch er es nicht, der Welt die Maske vom Gesicht zu ziehen, weshalb dem Mund-Nasen-Schutz mancher Passanten in seinen Bildern fast schon symbolische Bedeutung zukommt.

          Bilderstrecke
          Straßenfotografie : Irgendwo auf der Welt
          Freddy Langer
          Redakteur im Feuilleton, zuständig für das „Reiseblatt“.

          Andrea Rocca stammt aus Rom, wo er für eine Werbeagentur fotografierte, ehe er vor dreißig Jahren nach London zog, um dort Musik zu studieren. In London lebt er noch heute, und die Musik machte er zu seinem Beruf, als Komponist von Soundtracks für Art-House-Filme oder Stücken für modernes Tanztheater. Aber irgendwann, sagt er, drängte sich ein Impuls, wieder zu fotografieren, wie aus dem Unterbewusstsein hervor, und seither geht er regelmäßig in seiner Nachbarschaft im Stadtteil Brixton auf Bildersuche. Wonach er schaue, sagt er und verfällt auf eine italienische Vokabel, seien Momente einer Schönheit, die man mit „imperscrutabile“ umschreiben könne, also: undurchschaubar. Mit London haben die Bilder deshalb auch nichts zu tun. Sie sind vielmehr Szenen wie aus einem Geisterfilm. Und wenn man sehr genau hinschaut, hört man im Hintergrund bisweilen auch ganz leise eine Melodie.

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