Frühstück im Hotel : Alles muss man selbst machen
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Das dauert ... Kaffeeautomaten passen nicht in Hotels Bild: Schoepal, Edgar
Frühstücksräume in Hotels sehen heute so aus: Die einen sitzen und essen, die anderen sind unterwegs zur Proviantbeschaffung. Selbst der Kaffee wird einem nicht mehr eingeschenkt. Das hat nur Nachteile.
Heute wird ein schöner Urlaubstag werden, dürfte sich das amerikanische Paar gedacht haben. Draußen schien die Sonne, und in ihrem Salzburger Vier-Sterne-Hotel in einem alten Stadtpalais wartete das Frühstücksbuffet, das herrlich nach Kaffee und Croissants duftete. Doch bald standen die beiden ratlos vor der massigen Kaffeemaschine, die sich mitten in dem kleinen Saal aufbaute und an der sich die Gäste selbst zu bedienen hatten. Die unterschiedlichen Tassensymbole waren ja noch erklärbar, aber die Optionen in der Digitalanzeige überforderten die beiden offensichtlich. Wer aus Maine oder Milwaukee nach Europa reist, kann mit Begriffen wie Verlängerter oder Melange wenig anfangen. Diese Fachbegriffe aus der österreichischen Kaffeekultur verstehen indes auch Berliner und Hamburger eher selten. Und so dürfte vor der Salzburger Kaffeemaschine öfter frühmorgendliche Ratlosigkeit herrschen.
Frühstücken im Hotel hat seine eigenen Gesetze. Schlaftrunkene Urlauber und gehetzte Geschäftsleute stehen mit vollen Tellern vor noch volleren Buffets und suchen verzweifelt die Butter oder die Teebeutel, während um sie herum andere hungrige Zeitgenossen hektisch durch den Raum kreisen. Frühstücksrestaurants haben deswegen fast immer etwas von Bahnhöfen und Selbstbedienungsläden. Die eine Hälfte der Leute sitzt und isst, während die andere unterwegs ist zur Proviantbeschaffung. Das verleiht dem Frühstück einen bisweilen hektischen Charakter. Und das wird in Zukunft auch nicht besser werden, ganz im Gegenteil. Denn immer mehr Hotels entdecken eine ertragreiche Quelle der Kostensenkung: die Selbstbedienungskaffeemaschine.
Angriffslust in der Kaffeeschlange
Dort, wo früher dienstbare Geister Bestellungen aufnahmen und frischen Kaffee servieren, hat sich der Gast heute selbst an der Maschine zu versorgen. Diese Sparmaßnahme entpuppt sich allerdings auch als Stressfaktor, denn nun sind noch mehr Menschen während des Frühstücks unterwegs. Und die Geräuschkulisse eines Espresso-Vollautomaten mit seinem Zischen und Fauchen, mit dem nervtötenden Geräusch des Milchschäumers ist nicht gerade ein Quell kontemplativer Entspannung. Notorische Kaffeetrinker und Morgenmuffel finden es auch alles andere als romantisch, wenn sie frühmorgens mit der leeren Tasse in der Hand in einer Schlange anstehen und warten müssen, bis sie endlich an der Reihe sind und ihren heiß herbeigesehnten Kaffee abholen können. Das dokumentieren eindrucksvoll - jeder hat das schon am eigenen Leib erlebt - bohrende Blicke zu den Vorderleuten samt der tendenziell angriffslustigen Körpersprache.
Es ist zu befürchten, dass sich dieser Trend von solchen unschönen Nebenwirkungen nicht aufhalten lassen wird. Zu verlockend ist das Sparpotential an Personalkosten. Andererseits gibt es zu vielen Trends auch Gegentrends. So kann man nur hoffen, dass qualitätsbewusste Gastgeber auf die Idee kommen, jetzt erst recht den guten alten Service anzubieten. Irgendwann werden sie dann draußen neben dem Hoteleingang ein Schild postieren, auf dem in großen Lettern steht: „Bei uns müssen Sie Ihren Kaffee nicht selbst machen.“