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Spanien : Der Geschmack nach Sonne, Asche und Schweiß

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Weinbau unter dem Vulkan: Zu Füßen des Teide auf Teneriffa werden seit Jahrhunderten berühmte Weine wie der Malvasia gekeltert.

Weinbau unter dem Vulkan: Zu Füßen des Teide auf Teneriffa werden seit Jahrhunderten berühmte Weine wie der Malvasia gekeltert. Bild: dpa

Teneriffa hat eine lange Tradition als Weininsel. Humboldt und Shakespeare liebten den Malvasia von dort. Heute können Touristen auf der „Ruta del vino“ die Schätze in Fässern und Flaschen jenseits des Massentourismus entdecken.

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          Vulkane schaffen Leben, doch sie zerstörten es auch. Am 5. Mai 1706 begrub der Teide mit seiner Asche das Hafenstädtchen Garachico im Norden Teneriffas und versiegelte die fruchtbaren Weingärten, die längst nicht nur die flachen Uferstreifen bedeckten, sondern die steilen Hänge des Vulkans hinaufgeklettert waren. Ein Jahrhundert lang hatten Flotten aus ganz Europa die Bucht von Garachico angesteuert, um den süßen Weißwein aus Teneriffa an Bord zu nehmen. Dieser Malvasia war so kostbar, dass sogar Freibeuter die Insel nur wegen des Weines überfielen. Am 5. Mai jedoch war die Blütezeit vorüber, und Garachico fiel in die Bedeutungslosigkeit zurück.

          Vergessen aber hat man den Exportschlager des siebzehnten Jahrhunderts nicht. José Lorente Prat zum Beispiel glaubt bis heute an den Wein, auch wenn er alles andere als ein Traditionalist ist. Er steht in weißem Hemd, weißer Hose und weißen Turnschuhen vor seinen vier glänzenden Edelstahltanks in einem neonbeleuchteten Keller. Wände und Boden sind weiß gefliest, selbst die Stufen in die Bodega sind aus Edelstahl, und die vielen glänzenden Gerätschaften sehen so rätselhaft aus wie in einem futuristischen Labor. Die Bodegas y Vinedos 2005 ist eine moderne Kellerei, und Prat ist stolz darauf. "Ich bin wahrscheinlich weltweit der Einzige", sagt der ehemalige Ingenieur und lehnt sich lässig an das stählerne Geländer, "der seinen Weinkeller mit einem von der Nasa entwickelten System keimfrei hält." Prats Bodega ist steril wie ein Operationssaal. Zum Sortieren der Trauben streift sich der Weinchirurg OP-Handschuhe über, um störende Bakterien von den edlen Früchten fernzuhalten.

          Eine rubinrote Cuvée

          Auf knapp zweihundert Quadratmetern hat José Lorente Prats alles untergebracht, was der Mensch zum Weinmachen braucht. Alles ist detailgenau durchdacht, nichts hat der Perfektionist dem Zufall überlassen, als er sich 1999 entschloss, nach Teneriffa auszuwandern und Wein anzubauen. Er weiß sogar, dass ihm diese Arbeit keinen Reichtum bescheren wird. "Um so etwas zu machen, muss man entweder verrückt sein, oder man muss diese Insel lieben. Am besten beides." Auch bei den Traubensorten geht Prat eigene Wege. Zwar hat er einen Wein im kleinen Sortiment, den er aus der heimischen Traube Listán Negro keltert, doch er weiß: "Wir müssen offen sein für moderne Mischungen, die auch Frauen schmecken." Zum ersten Mal zeigt der Mann mit der kahlen Stirn Sinn für Poesie. Er spricht vom Duft der Frucht, den die Frauen so lieben und der den Trauben der Insel oft fehle. Deshalb hat er experimentiert. Das Resultat und sein ganzer Stolz ist der rubinrote Brocca aus dem Jahr 2005: eine Cuvée aus Merlot, Cabernet Sauvignon und einer nur schwachen Reminiszenz an den allzu trockenen Listán Negro.

          So herb und nüchtern der Rotwein Teneriffas ist, so schmeichelnd und verführerisch ist der Weißwein. Mit seiner Honigsüße verzauberte er einst die europäischen Königshäuser. Alle Welt trank "Canary", Shakespeare war der Malvasia eine seiner schönsten Zeilen wert, und auch Alexander von Humboldt soll 1799 nach reichlichem Weingenuss und angesichts der wundervollen Landschaft des Tales von Orotava in Tränen der Rührung ausgebrochen sein. Heute reist kein Mensch mehr wegen des Weines auf die Kanaren. Auf Teneriffa allerdings sind die Weinberge nie ganz aus der Landschaft verschwunden. Obwohl viele der mühsam angelegten Terrassen irgendwann von Lava, Macchia, Feigenkaktus und Hotels überwuchert wurden, bedecken noch immer achttausend Hektar Reben die Insel.

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