Dostojewski wohnt nicht mehr hier
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Vergnügung für die feine internationale Gesellschaft: Die erste deutsche Spielbank steht in Bad Ems. Bild: picture-alliance
Nicht nur das Heilwasser, auch Weltpolitik und Weltliteratur haben Bad Ems an der Lahn bekannt gemacht. Bis heute erinnert vieles an die große Zeit des Ortes, der aber um seine Zukunft bangen muss.
Am Ortsausgang von Lahnstein klettern Fliesen an den Häusern hoch, und Glasbausteine färben sich dunkel. Die Rheinromantik mit ihren Burgen und Fachwerk, den grünen Steilufern und Schubkähnen, die glitzernde Wogen vor sich her schieben, verblasst hier zu einer fernen Erinnerung. Wir passieren den Friedhof, zwängen uns unter einer Hochstraße hindurch und erreichen das Lahntal. Über unseren Köpfen vollzieht die Hochstraße einen Schwenk, senkt sich bedrohlich und erdrückt uns fast mit ihrer Scheußlichkeit – bis der heilige Lubentius uns erspäht und ein Einsehen hat. Der Schutzpatron der Lahnschiffer sorgt sich nicht nur um die Boote auf seinem Fluss, sondern wacht auch über die Wanderer am Ufer. Er hebt auf seinem Sockel im Hang den Hirtenstab und weist durch ein Holztor zur Ruppertsklamm. Wie durch ein Wunder ist es augenblicklich still. Im Boden gurgelt der Michelbach, und die Natur streift eilig ihr Frühjahrskleid über.
Wir lassen uns von der Schlucht, die der Bach gegraben hat, verschlucken und steigen in der klaren Morgenluft aufwärts. Der Pfad folgt einer schiefergrünen, mehr als einen Kilometer langen Felsrinne. Glatte Wände ziehen sich auf der Bergseite hoch, ein kühler Wind weht herab und schüttelt die Blätter des Hirschzungenfarns. Flechten bedecken die Klamm, nebelfeuchte Moose kriechen pelzig über die Steine. Nur wenig Wasser bedeckt die Sohle. Doch rundgeschliffene, borkenlose Baumstämme, Äste und angespülte Kanthölzer lassen die Wucht erahnen, mit der das Wasser, das aus dem Westerwald herabströmt, durch die Schlucht schießen kann. Während der sintflutartigen Regenfälle im Sommer 2021, die das Ahrtal verwüsteten, wurden viele der kleinen Brücken, die wir überqueren, unterspült und aus ihren Verankerungen gerissen. Zum Glück rasten die Fluten in der Nacht durch die Klamm, sodass keine Menschen zu Schaden kamen.
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