Belgische Biere : Gott wird es ihnen verzeihen
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Bier, so teuer wie Champagne
In diesen Kategorien sind ebenfalls die Biere von Chimay im Hennegau angesiedelt, der größten der belgischen Trappistenbrauereien. Die Gemeinschaft zählt zwar nur noch vierzehn Mönche, über eine Stiftung beschäftigen diese aber mehr als zweihundert Laienmitarbeiter sowie viele Zuliefer- und Handwerksbetriebe. Der Klostergruppe gehört das Espace Chimay, ein Dokumentationszentrum über die Biere, ihre Geschichte und ihren Entstehungsprozess. Die Ordensmänner gehen multimedial mit der Zeit. Das Tablet, das mehrsprachig die Ausstellung kommentiert, lotst die Besucher nach draußen auf Spazierpfade und weist ihnen den Weg durch den Wald bis zur Abbaye Notre-Dame de Scourmont. Nach dem rummeligen Espace Chimay, in dessen Andenkenladen man Devotionalien wie T-Shirts, Grillschürzen und Kühlschrankmagneten kaufen kann, kommt einem die Abtei wie eine Oase geistlicher Besinnung vor.
Im Innenhof wachen ein hundertfünfzig Jahre alter Sequoia-Baum, italienische Eichen aus der Lombardei und japanische Ahornbäume über die Kirche. Dort findet tagtäglich das Liturgie-Pensum der Brüder statt: die Stundengebete, die sich von der Vigil um vier Uhr morgens über Laudes, Prim und Sext bis zum Komplet-Nachtgebet ausdehnen. Daran dürfen auch Gäste von außerhalb teilnehmen – wobei die meisten schon nach kurzer Zeit dem Himmel danken dürften, wenn das Tablet sie von Gebet und Askese wieder zurück zum Bier führt.
Dem Espace Chimay ist der Gasthof Auberge de Poteaupré angegliedert, der ebenfalls dem Orden gehört. Hier kann man sich durch die ganze Bandbreite belgischer Bierrezepte essen. Die diversen Chimay-Sorten finden in Käsekroketten, Zanderfilets mit Lauch, Kaninchen mit Pflaumen und sogar in einem Sabayon-Dessert Verwendung. Und wer bereit ist, für ein Glas Bier so viel zu zahlen wie für ein Glas Prestige-Champagner, kann sich eine Rarität gönnen: das ungefilterte und unpasteurisierte Chimay Grande Réserve, das in Barriques aus französischer Eiche heranreift. Wer den Führerschein nicht riskieren will, tut gut daran, ein Hotelzimmer gleich im ersten Stockwerk der Auberge zu reservieren. Auf dem Hotelflur stehen Glasvitrinen mit Chimay-Andenken, die Zimmer sind in den Chimay-Farben Gold, Rot und Blau dekoriert, die Minibar ist maximal mit Bierflaschen gefüllt. Und da ja niemand auf den Gedanken kommt, dem Trappistenbier-Glauben abzuschwören, lockt im Frühstücksraum zwischen den Kaffeeautomaten und Orangensaftpressen ein Kühlschrank mit Chimay-Flaschen. Ein Bierschlückchen zum Wachwerden? Warum nicht, Gott wird’s schon absegnen.
Das mythischste Trappistenbier überhaupt
So groß Chimay ist, so winzig ist Achel in der flandrischen Provinz Limburg. Auch dieses Kloster leidet unter Nachwuchsmangel, weshalb es personelle Verstärkung von der ebenfalls bierproduzierenden Mutterabtei Westmalle erhält. In der ehemaligen Klause geht es beschaulich zu. Brauerei und Ausschank sind im alten Melkstand untergebracht und nur durch eine Glaswand getrennt. Damit ist Achel die einzige Trappistenabtei, deren Brauerei öffentlich zugänglich ist und in der man beim Biertrinken die Brauaktivitäten verfolgen kann.