Welternährung : Ein unentdeckter Brotkorb für Afrika
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Was könnte hier wachsen? Die Auen des Lukulu River nahe dem Dorf Nkolemfumu in Samiba. Bild: Frank Röth
Die Guinea-Savanne könnte der Ort sein, an dem sich das Ernährungsproblem Afrikas löst. Oder entsteht dort die nächste ökologische Katastrophe?
Stellen wir uns vor, wir wären Mutter Erde und die Kontinente wären unsere Kinder, die wir satt bekommen müssen. Um Nordamerika und Europa müssten wir uns kaum sorgen, Asien wüssten wir auf einem guten Weg, aber Afrika würde uns Sorgen bereiten. Hier sind 23 Prozent aller Menschen von Unterernährung betroffen, und die Bevölkerung wächst – bis 2050 um eine Milliarde, bis 2100 um 3 Milliarden Menschen.
In Afrika wird sich entscheiden, ob wir die Welt ernähren können. Um den Wettlauf zu gewinnen, fordern einige Agrarökonomen Afrikas Guinea-Savanne "umzubrechen". Der gewaltige Bogen der Savanne reicht von Sierra Leone in Westafrika bis in den Sudan im Osten, schwingt sich von dort weit nach Süden bis Moçsambique und Sambia und erreicht in Angola wieder den Atlantik.
Ein Viertel der globalen Ackerflächen
Die Weltbank spricht von 400 Millionen Hektar nutzbarem Land. Das wäre ein Viertel der weltweiten Ackerflächen. Die afrikanische Entwicklungsbank fördert die Transformation der Savanne bereits. Als Vorbild dient Brasiliens Cerrado-Savanne: mit angepassten Sojasorten, Kalk und pfluglosen Anbaumethoden für die sauren, erosionsanfälligen Böden gelang hier eine ackerbauliche Nutzung. Brasilien wurde dadurch, mehr noch als durch die Nutzung seines Regenwalds, zum Agrar-Giganten.
Mit einer Umwandlung der Savanne verbänden sich allerdings Fragen. Die erste lautet: wieviel Land wäre überhaupt nutzbar? Orientierung gibt die Zahl der Weltbank - wobei andere deutlich vorsichtiger sind. Jordan Chamberlin vom Internationalen Mais- und Weizenverbesserungszentrum Cimmyt rechnet mit 80 bis 170 Millionen Hektar als Nutzfläche. In seiner Kalkulation bliebe die Baumsavanne von der Umwandlung verschont.
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Mehr erfahrenZudem rechnet er mit einer strengeren Schwelle, ab der eine Umwandlung ökonomisch sinnvoll wäre. 20 Millionen dieser Flächen wurden schon von Investoren gekauft. Vom Rest liegt die Hälfte in für Investoren wenig ansprechenden Konfliktgebieten wie dem Sudan und Kongo.Und selbst Chamberlins Zahlen sind vermutlich zu hoch. Chamberlin, wie auch die Weltbank, berufen sich auf Satellitenaufnahmen, auf denen manche Nutzungen kaum zu erkennen sind: etwa Wanderfeldbau, bei dem Böden viele Jahre brachliegen, und Weiderouten von Hirten. Mit anderen Worten: Ein Großteil wird womöglich schon genutzt.
Zweitens stellt sich die Frage: Was wären die ökologischen Folgen? Das hinge von der Bewirtschaftungsmethode ab. Systeme, die Ackerbau, Forstwirtschaft und Weidehaltung kombinieren, wären besser als Monokulturen. Aber selbst die beste Anbaupraxis hätte große Auswirkungen. Manche davon sind kaum erforscht, etwa Effekte auf lokale Regenfälle und Wasserkreisläufe. Vorhersehbar sind hingegen die Auswirkungen auf die Biodiversität.
In einem Artikel für die britische Zeitung „Guardian“ warnt Erik Solheim, Leiter des Umweltdepartments der Vereinten Nationen (UNEP), eindringlich davor, Afrika in eine gigantische Farm zu verwandeln. Er befürchtet ein ökologisches Desaster. Solheim verweist auf die UNEP-Studie „Elefanten im Staub“, laut der bereits heute 30 Prozent der Elefantenhabitate durch die urbane und landwirtschaftliche Expansion gefährdet sind. Für Löwen sieht es ähnlich aus.