Zum Tod von Walter Wallmann : Dem Gemeinwesen dienen
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Walter Wallmann (1932-2013) Bild: dpa
Er war Abgeordneter im Bundestag, Frankfurter Oberbürgermeister, Bundesumweltminister und dann der erste CDU-Ministerpräsident in Hessen. Im Alter von 80 Jahren ist Walter Wallmann gestorben.
„Respice finem.“ Walter Wallmann sprach diese Worte nicht einfach so daher. Sie hatten für ihn Gewicht. „Bedenke das Ende.“ Welch ein Maßstab für das eigene, menschliche Handeln, welch eine Dimension – staatsphilosophisch, politisch, religiös. Ein kategorischer, sittlicher Imperativ. Hin und wieder sagte er diese Worte, so als wolle er sich seiner selbst vergewissern, als Mahnung gleichsam, als Grenzlinie der Willensbildung. Als „homo politicus“, durch Ausbildung, Berufsweg, Bildung, die weit über das Rechtswissenschaftliche hinausreichte, nicht zu vergessen durch die humanistische Prägung in einem christlichen Elternhaus, war Wallmann vertraut mit den Grundzügen politischer Ideen, politischen Denkens, mit der Entwicklung der Staatstheorien.
Diese Formel mag letztlich die Maxime seines Lebens gewesen sein. „Quidquid agis prudenter agas et respice finem.“ Was auch immer du tust, handle klug, handle mit Bedacht, und bedenke das Ende, bedenke die Konsequenzen. Ein Kontrollverfahren – individuell, gesellschaftspolitisch. Macht bändigen.
Und Macht hatte Walter Wallmann errungen, aufsehenerregend viel politische Macht. Der Wahlsieg mit absoluter Mehrheit an der Spitze der CDU bei der Kommunalwahl in Frankfurt am 20. März 1977, der Triumph über eine bis dahin in der Stadt am Main allmächtige SPD – das sprengte die Dimension einer Kommunalwahl.
Behutsam und mit Bedacht
Die CDU war seit Bildung der sozial-liberalen Regierung Brandt/Scheel 1969 in Bonn nur noch Opposition, und das in Zeiten heftiger gesellschaftspolitischer Auseinandersetzungen im Gefolge der 68er-Bewegung, Opposition in den Jahren gravierender Änderungen der deutschen Politik zu Zeiten der Ostverträge. Opposition in einer Zeit, da der auf nahezu allen politischen Ebenen dominierende Machtblock von SPD und FDP unüberwindbar zu sein schien. Und nun die Sensation in Frankfurt. In die scheinbar so festgefügte politische Formation der Bundesrepublik wurde in der Wirtschafts- und Finanzmetropole, dem Konfliktherd und Zentrum radikaler gesellschaftspolitischer Agitation eine Bresche geschlagen.
Behutsam, mit Bedacht formulierte der neue Oberbürgermeister Wallmann die Grundsätze seiner Politik. Überragender Wahlsieg – daraus ergab sich eine Art Auftrag, eine Erwartungshaltung, eine Bringschuld. Doch Wallmann hob Anderes stärker hervor. Der Auftrag zur politischen Führung werde in der Demokratie vom Bürger nur auf Zeit erteilt. Ein öffentliches Amt dürfe von Politikern und Parteien nicht als „Selbstbedienungsladen“ missbraucht werden.
„Wir haben als Politiker dem Gemeinwesen und dem Bürger zu dienen“, postulierte er. Und: „Ich möchte, dass der Frankfurter Römer als eine Stätte der Freiheit und Gerechtigkeit für alle Bürger offensteht.“ Liberale Erneuerung war ihm keine „taktische Position“, die er vor dem Wahltag eingenommen habe; Wallmann verwahrte sich gegen eine solche Interpretation. Toleranz, Behutsamkeit und Klugheit seien für ihn vielmehr die Grundlagen, mit Macht umzugehen. Behutsamkeit war für ihn kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke.