Zahlen des Verfassungsschutzes : In Deutschland leben so viele Salafisten wie nie zuvor
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Bei einer Razzia in Göttingen im Februar beschlagnahmten die Behörden eine Flagge und mehrere Waffen. Bild: dpa
Derzeit leben im Bundesgebiet 10.800 Salafisten, teilt der Verfassungsschutz mit. Das sind so viele wie nie zuvor. Besondere Sorge bereiten dem Bundesamt Islamisten aus dem Kaukasus.
Die Zahl der Salafisten in Deutschland ist weiter gestiegen. Nach Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) liegt sie derzeit bei 10.800 Personen. Im September hatten die Verfassungsschützer noch 500 Salafisten weniger gezählt, vor einem Jahr lag der Wert bei 9700, vor sechs Jahren noch bei weniger als 4000. BfV-Präsident Hans-Georg Maaßen sprach in Berlin von einem „Allzeit-Hoch“. Das zeige die „anhaltende Attraktivität der salafistischen Ideologie“. Die Behörde beobachtet in der Salafisten-Szene einen Trend zum Rückzug aus der Öffentlichkeit ins Private. Sogenannte Straßenmissionierung, die öffentlich sichtbar sei, finde nur noch selten statt. Das sei mutmaßlich auch eine Folge staatlicher Ermittlungserfolge, heißt es seitens des Bundesamtes.
„Die Radikalisierung findet weniger in Moscheen oder in größeren überregionalen salafistischen Organisationen, sondern in kleinen, konspirativen Zirkeln und vor allem im Internet statt“, geht aus einer Mitteilung des BfV hervor. Häufiger bildeten sich Netzwerke von Frauen heraus, zu den die Nachrichtendienste nur schwer Zugang hätten. Maaßen sprach von einer „Fragmentierung und Privatisierung“ des Salafismus in Deutschland. „Das ist eine besondere Herausforderung für den Verfassungsschutz.“
Eine erhebliche Bedrohung geht nach Einschätzung des BfV von Islamisten aus dem Nordkaukasus aus. Deren „Affinität zu Gewalt und Waffen“ erfordere die Aufmerksamkeit der deutschen Sicherheitsbehörden, sagte Maaßen. „Extremistische Nordkaukasier waren, neben dem Tschetschenienkrieg in ihrer Heimat, aktuell auch an den Kämpfen in Syrien und Irak maßgeblich beteiligt. Sie sind kampferprobt und stellen ein hohes Gefährdungspotenzial dar“, sagte Maaßen.
Das BfV hat eine „mittlere dreistellige Zahl“ von islamistischen Nordkaukasiern in Deutschland festgestellt. Vermehrt hielten sie sich in ostdeutschen Bundesländern, vor allem in Brandenburg und Berlin, auf. Zudem gebe es Schwerpunkte in Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Bremen, teilte die Behörde mit. Die Szene habe keine festen Strukturen, bestehe aus weitläufigen, zum Teil europaweiten Netzwerken und sei „nach außen weitgehend abgeschottet“. Die Radikalisierung erfolge vor allem über persönliche Kontakte, verbindende Elemente seien Religion und traditionelle Clanstrukturen. Vereinzelt gebe es „personelle Überschneidungen“ zwischen dem Islamismus und der organisierten Kriminalität.