Abgekartetes Spiel? : Wie Trump Polizeigewalt rechtfertigt
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Der Demonstrant Martin Gugino liegt blutend am Boden. Bild: AFP
Das Video ging um die Welt: Ein Polizist stößt in Buffalo einen alten Demonstranten zu Boden. Tage später schaltet sich der Präsident ein. Er stempelt das Opfer zum Antifa-Spion – ohne Belege.
„Beweg Dich“ und „Geh weg“, rufen die Polizisten einem Demonstranten zu, der langsam auf sie zugeht. Kurz darauf liegt der 75-Jährige blutend am Boden. Der Vorfall in Buffalo im Bundesstaat New York vom Donnerstag wurde umgehend auf Twitter verbreitet, als nächster Beleg für übermäßige Polizeigewalt. Eine neue Dimension bekam er nun durch einen Tweet von Donald Trump. Der Präsident überzog den Rentner, der jetzt im Krankenhaus liegt, am Dienstag mit unbelegten Anschuldigungen.

Redakteur in der Politik.
Dieser Mann heißt Martin Gugino. Er hatte an einer Demonstration gegen Polizeigewalt teilgenommen. Auf dem Video eines lokalen öffentlichen Rundfunksenders ist zu sehen, wie Gugino einer Gruppe von mehr als einem Dutzend Polizisten entgegen geht. Die Polizisten tragen Helme, halten Schlagstöcke in den Händen und rücken immer näher. Doch Gugino bleibt stehen und gestikuliert, anscheinend will er mit zwei Polizisten diskutieren. Warum er mit seiner rechten Hand, in der er offenbar ein Mobiltelefon hält, einmal in Richtung des Gürtels eines der beiden Polizisten langt, bleibt unklar. Ein Dritter Beamter kommt hinzu, und mindestens einer der Polizisten stößt Gugino mit der Hand gegen die Brust, der verliert das Gleichgewicht, fällt rücklings auf den Boden, der Aufschlag ist deutlich zu hören, und bleibt regungslos liegen.
Ein Polizist will sich zu Gugino herunterbeugen, wird jedoch sofort von einem anderen weitergeschoben. Gut zu sehen ist in dem Video, wie Guginos Finger der rechten Hand langsam die Spannung verlieren und ihm sein Handy entgleitet. Offenbar hat der Mann das Bewusstsein verloren. „Er blutet“, ruft jemand, „er blutet aus dem Ohr.“ Es ist zu sehen, wie sich eine Blutpfütze auf dem Gehweg sammelt, bevor eine Polizistin den Kameramann abdrängt. Gugino wird schließlich ins Krankenhaus gebracht und auf der Intensivstation behandelt. Die Polizei behauptet zunächst, Gugino sei bei dem Einsatz „gestolpert und gefallen“.
Hunderte ähnliche oder drastischere Vorfälle ereigneten sich in den vergangenen zwei Wochen auch bei anderen Demonstrationen gegen Polizeigewalt, wie sie seit dem Tod des Afroamerikaners George Floyd in Minneapolis im ganzen Land stattfinden. Bemerkenswert ist jedoch, wie Präsident Trump darauf reagiert hat.
Trump, der bislang noch keine tröstenden Worte für die oft unter Polizeigewalt und Rassismus leidende schwarze Minderheit gefunden hat, spekulierte am Dienstag via Twitter, dass Gugino ein Provokateur der Antifa sein könnte, der versuchte, die Polizeikommunikation abzufangen und die Ausrüstung des Beamten zu zerstören. Er habe sich das angesehen, schrieb Trump, und Gugino sei „härter gefallen, als er geschubst wurde“. Er habe es auf das Funkgerät abgesehen gehabt, und es könne ein abgekartetes Spiel gewesen sein. Den Tweet setze Trump wenige Stunden vor Floyds Beerdigung ab.