„Sofagate“ : Demütigung oder Machtkampf?
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An den Rand gedrängt: EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen auf dem Sofa in Erdogans Palast. Bild: dpa
Der Besuch der EU-Führung bei Erdogan wird zu einem protokollarischen Fiasko. Die Suche nach dem oder den Schuldigen hat begonnen.
Was kann man in die Sitzordnung aus Anlass des Besuchs der führenden Repräsentanten der EU beim türkischen Präsidenten nicht alles hineinlesen! Wie man gesehen hat, musste Ursula von der Leyen, die Kommissionspräsidentin, auf einem Sofa Platz nehmen, während der Ratspräsident Michel auf einem Stuhl neben Erdogan zu sitzen kam.
Handelt es sich um eine frauenfeindliche Demütigung seitens des Gastgebers, was man dem zutrauen würde und was den italienischen Ministerpräsidenten prompt veranlasste, Erdogan „Diktator“ zu schimpfen, was wiederum die Türken auf die Palme brachte? Gab es eine protokollarische Panne, und wer ist schuld daran? Liegt dem Ganzen vielleicht ein Machtkampf zugrunde zwischen Michel, der sich ein bisschen wie ein Staatsoberhaupt fühlen kann, und von der Leyen, deren Status ein kleines bisschen niedriger ist?
Sofa und Sessel – die komplizierte Führungsstruktur der EU spiegelt sich in der Sitzgelegenheit. Anders ausgedrückt: Auch so kann man sich lächerlich machen, eine diplomatische Krise wegen Eifersüchteleien unter den Gästen.
Dabei hat die EU im Moment andere Sorgen. Sollte sie jedenfalls haben. Viele Bürger in Europa geben nach wie vor der EU, also der Kommission, die Schuld daran, dass die Impfkampagne so schleppend in Gang gekommen ist. „Sofagate“ ist den meisten gleichgültig. Wenn es wirklich an innereuropäischen Querelen lag, ist die Weltmachttauglichkeit des leitenden Personals noch nicht geklärt.