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Bahnstreik : Der Gewerkschaftsführer hat es eilig

Martin Burkert, der Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) Bild: obs

Martin Burkert ist erst seit einem halben Jahr Chef der mächtigen Bahngewerkschaft EVG. Jetzt orchestriert er einen ungewöhnlichen Warnstreik.

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          In diesen Zeiten hat alles mit allem zu tun: öffentlicher Dienst und Deutsche Bahn, Arbeitskampf und Klimaschutz, teure Butter und pünktliche Züge. Es gibt einen, der diese Fäden zusammenführt: Martin Burkert, 58 Jahre alt, seit Oktober 2022 Chef der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Gemeinsam mit der Gewerkschaft Verdi hat er am Montag zum bundesweiten Warnstreik aufgerufen. Deutschland steht dann weitgehend still, jedenfalls auf allen Gleisen und in den Bussen des Nahverkehrs, auch viele Flughäfen bleiben leer.

          Corinna Budras
          Wirtschaftskorrespondentin in Berlin.

          Es ist Burkerts erster Warnstreik als EVG-Chef, und der sprengt gleich alle Dimensionen. Solche Kooperationen mit Gewerkschaften in anderen Tarifauseinandersetzungen hat es bisher noch nie gegeben. Auch der Zeitpunkt für die Arbeitsniederlegung ist ungewöhnlich: Die erste Verhandlungsrunde ist gerade vorbei. Normalerweise ist das der Zeitpunkt, an dem beide Seiten das Wehklagen beenden und ernsthafte Verhandlungen beginnen. Da ist von Streik eigentlich noch keine Rede.

          Burkert ist seinem Wesen nach eher zurückhaltend und gemächlich. Selbst wenn er sagt, „alle sind richtig sauer“, ist das eher eine Feststellung als Gepolter. Doch der Mann drückt aufs Tempo, weil die Mitarbeiter unter der hohen Inflation leiden, während der Tarifkonflikt dieses Mal viel länger dauert als sonst.

          Fünfzehn Jahre für die SPD im Bundestag

          Dieses Problem ist jedoch hausgemacht: Anders als früher hat die EVG jetzt nicht nur Verhandlungen mit der Bahn begonnen, sondern tingelt gleichzeitig auch noch von Privatbahn zu Privatbahn. 50 Arbeitgeber kommen da zusammen. Deshalb will die Gewerkschaft keine Zeit mit „Tariffolklore“ verlieren. Da trifft es sich gut, dass auch Verdi gerade in den Tarifauseinandersetzungen mit dem öffentlichen Dienst von Bund und Länden feststeckt.

          Im Schmieden von Allianzen ist Burkert ohnehin geübt. Sowohl die Bahn und die EVG als auch die Politik kennt er bestens. Mit 15 Jahren begann er eine Ausbildung bei der Deutschen Bundesbahn, drei Jahre später wurde er Beamter, seit 1990 macht er Gewerkschaftsarbeit. Mit 41 Jahren wechselt er in die Bundespolitik: Fünfzehn Jahre sitzt er für die SPD im Bundestag, fast die Hälfte davon auch als Bahnbeauftragter seiner Fraktion.

          Das Schicksal des Staatskonzerns prägt er damit schon seit Jahren mit, erst als Politiker, jetzt als Gewerkschaftsboss und Aufsichtsrat. Das hindert ihn freilich nicht daran, den schlechten Zustand der Bahn und des Schienennetzes zu beklagen, und einen grundlegenden Wandel einzufordern. An der Bahn hängt vieles: das gerade beschlossene Deutschlandticket, die Verkehrswende. Für die EVG ist das die Gelegenheit, den großen Bogen zu spannen: „Unsere Berufe müssen auch finanziell wieder attraktiver werden. Sonst fallen in Zukunft noch mehr Verbindungen aus.“

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