Wahl in Thüringen : Endet der AfD-Höhenflug, erweckt Ramelow die Linke?
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Umstritten: Der thüringische AfD-Landesvorsitzende Björn Höcke Bild: dpa
Mit Thüringen wählt heute das dritte ostdeutsche Bundesland in diesem Jahr. Warum die Abstimmung zwischen Erfurt, Jena und Gera auch bundespolitische Bedeutung hat – drei Antworten.
Nach den Erfolgen der AfD bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg galt der bange Blick der Berliner Koalitionsparteien Union und SPD dem Wählervotum in Thüringen. Wird die rechtspopulistische und besonders in Thüringen in Teilen völkisch bis rechtsextrem orientierte Partei ein ähnlich starkes Ergebnis einfahren wie in den beiden anderen ostdeutschen Bundesländern?
In Sachsen und Brandenburg hatte die AfD zwar ihr selbstgestecktes Ziel recht deutlich verfehlt, die Regierungsparteien CDU und SPD als stärkste Kraft abzulösen. Doch das Ergebnis von 27,5 Prozent in Sachsen und 23,5 Prozent in Brandenburg stabilisierte zumindest den selbstbewussten Anspruch der AfD, sich wie einst die Linke und frühere SED-Nachfolgepartei PDS im Osten als regional verankerte Volkspartei zu etablieren.
Doch die jüngsten Umfragen deuten darauf hin, dass die AfD mit ihrem Spitzenkandidaten Björn Höcke unter den Ergebnissen der anderen Landesverbände bleiben könnte. Im Dreikampf mit der regierenden Linkspartei und der bei der Wahl 2014 noch stärksten Kraft CDU lag die AfD in einem Umfragekorridor zwischen 20 und 25 Prozent Kopf an Kopf mit der Union, aber weit entfernt von der Linken mit ihrem beliebten Ministerpräsidenten Bodo Ramelow. Dessen Partei liegt zwischen 28 und 30 Prozent.
Gegenüber der vergangenen Wahl 2014, bei der die AfD zum ersten Mal gleich zweistellig mit 10,6 Prozent in den Erfurter Landtag einzog, würde ein Ergebnis von etwas mehr als 20 Prozent zwar den größten Stimmenzuwachs aller Parteien bedeuten; den Erwartungen der AfD dürfte es aber wohl nicht entsprechen.
Noch Anfang September lag die AfD zumindest in einer Umfrage von Infratest Dimap mit 25 Prozent vor der einstigen Regierungspartei CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Mike Mohring und in Sichtweite zur Linkspartei. Nach dem von einem Rechtsextremen verübten Anschlag in Halle mit zwei Toten am 9. Oktober sanken die Umfragewerte für die AfD aber auffällig. Das von einem antisemitisch motivierten jungen Mann verübte Verbrechen löste eine Debatte aus über die Rolle der AfD als Wegbereiterin eines gesellschaftlichen Klimas des Ressentiments gegenüber Minderheiten, das Täter wie den von Halle ermutigt.
In der jüngsten Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF-Politbarometer liegt die AfD bei 21 Prozent, während die CDU auf 26 Prozent kommt. Stärkste Kraft bleibt – wie in allen Umfragen zuvor – die Linke mit 28 Prozent.
Auch die Person des Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke, der sich als Galions- und Führerfigur des völkischen Flügels inszeniert und auf den Marktplätzen zwischen Erfurt und Gera feiern lässt, mobilisiert überzeugte AfD-Gegner. Und selbst bei AfD-Anhängern ist der westdeutsche Geschichtslehrer längst nicht so beliebt, wie der mediale Rummel um ihn nahelegt. Unter den Spitzenkandidaten der Thüringer Parteien belegt er den letzten Platz auf der Beliebtheitsskala.
Für manche mit der AfD liebäugelnde Wähler dürfte auch die Einschätzung des Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, dass Höckes Flügel immer extremistischer wird, im Endspurt der Wahl abschreckend wirken. Sollte sich die AfD in Thüringen mit Platz Drei begnügen müssen oder gar unter 20 Prozent fallen, dürfte auch in der Bundespartei wieder die Debatte entbrennen, ob Höcke und seine rechtsradikale Kampagnenstrategie der AfD nicht mittelfristig das Schicksal der NPD bescheren.