Linkspartei in NRW : Sozialisten im Selbstzerstörungsmodus
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Spitzenkandidatin Carolin Butterwegge Bild: dpa
Von der Wahl in Nordrhein-Westfalen hängt für die Linke viel ab. Doch der Partei, die sich in einer schweren Krise befindet, droht eine weitere Niederlage.
Gerade einmal zwei Dutzend Interessierte haben sich vor der Tribüne der Linkspartei auf dem Gelsenkirchener Bahnhofsvorplatz eingefunden, als Dietmar Bartsch ans Mikrofon tritt. Damit es nicht so traurig bleibt, vergrößert der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag sein Publikum kurzerhand. „Hören Sie aufmerksam zu“, ruft Bartsch den Gästen auf den Außenplätzen der umliegenden Cafés zu. „Es lohnt sich, Sie sehen: Die Sonne scheint, der Himmel lacht – das hat die Linkspartei gemacht.“ Nicht der Anflug eines Lächelns ist auf Bartschs Gesicht zu entdecken. Vor wenigen Stunden ist die Ko-Parteivorsitzende Susanne Hennig-Wellsow unter anderem wegen der Sexismus-Affäre zurückgetreten. Die Partei ist in einer existenziellen Krise.
Am 15. Mai will die Linke unter Spitzenkandidatin Carolin Butterwegge nach zehn Jahren endlich wieder in den nordrhein-westfälischen Landtag einziehen. Dass das unwahrscheinlich ist, räumt Bartsch später erstaunlich offen ein. „Ich weiß, dass es aktuell keinen Rückenwind von der Bundesebene gibt“, sagt er. Trotzdem könne man in NRW „die Sensation schaffen, es sind noch einige Wochen hin“, ruft Bartsch den Leuten zu. Die Linke werde das „soziale Korrektiv“ im Landtag.
In NRW hat die Linke ihren größten Landesverband. Sahra Wagenknecht, die prominenteste und zugleich umstrittenste Politikerin der Partei, hat ihren Bundestagswahlkreis in Düsseldorf. Zu einer stabilen Macht in der Bundes-Linken ist die nordrhein-westfälische Linke jedoch nie geworden. Dabei schienen die Chancen dafür gut zu stehen. Im Mai 2010 kam die Partei auf 5,6 Prozent und feierte das als ihren Durchbruch zur gesamtdeutschen Linken. Doch bei der Neuwahl 2012 stürzte sie auf 2,5 Prozent ab.
Einzug 2017 knapp verpasst - „Das war bitter“
Zweimal spielte die Linke in NRW eine gewisse machtpolitische Rolle. Als es nach der Landtagswahl 2010 keine klaren Mehrheitsverhältnisse gab, Hannelore Kraft (SPD) nach einigem Hin und Her schließlich eine rot-grüne Minderheitsregierung bildete, bewährte sich die Linke zwanzig Monate lang als faktische Tolerierungspartnerin. Vor fünf Jahren dann machte kurioserweise just die Linkspartei den schwarz-gelben Swing perfekt. Ihr Kunststück bestand darin, ihr Ergebnis (auf Kosten der SPD) im Vergleich zu 2012 zu verdoppeln, aber doch haarscharf unter der Fünfprozenthürde zu bleiben. Nur deshalb verfügen CDU und FDP seither im Landtag über die absolute Mehrheit der Mandate. „4,99 Prozent, so knapp am Einzug vorbei, das war echt bitter“, sagt Spitzenkandidatin Butterwegge auf dem Bahnhofsvorplatz in Gelsenkirchen. Die Linke mache den Unterschied, werde das Thema Gerechtigkeit in alle Felder der Landespolitik tragen, verspricht die Sozialforscherin, die mit einer Arbeit zur Armut von Kindern mit Migrationshintergrund promoviert wurde. Kein Wunder, dass die Linke das Thema Kinderarmut besonders in den Fokus zu rücken versucht und den Schwerpunkt ihrer Kampagne auf das Ruhrgebiet legt, wo besonders viele Kinder in Armut leben müssen.