AfD in Mecklenburg-Vorpommern : Vom netten Herrn Holm zum gnadenlosen Populisten
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Ein angenehmer Gesprächspartner, der schnell auf Populismus umschalten kann: der AfD-Spitzenkandidat in Mecklenburg-Vorpommern, Leif-Erik Holm Bild: dpa
Der eigentliche Sieger in Schwerin heißt Leif-Erik Holm: Als Spitzenkandidat hat er die AfD zur zweitstärksten Kraft im Land gemacht. Von seinem zurückhaltenden Auftreten sollte man sich nicht täuschen lassen: Holm kann auch ganz anders.
So ein Politiker ist in der Alternative für Deutschland (AfD) überhaupt noch nicht aufgetaucht. Zumindest nicht in einer Führungsfunktion. Leif-Erik Holm, der eigentliche Sieger der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern, ist nicht so laut wie Björn Höcke, nicht so eitel wie Alexander Gauland oder nicht so machtbewusst wie Frauke Petry. Er gilt als nett. Man kann sogar sagen: Das Wort „nett“ wurde erst mit seinem Auftauchen in die politische Berichterstattung eingeführt.
Holm ist freundlich, höflich, ein reizender Gesprächspartner, noch dazu mit einer angenehmen Stimme. Die war auch sein großer Vorzug, als er noch beim Radio arbeitete, in Mecklenburg-Vorpommern beim NDR und bei Antenne MV, in Frankfurt bei FFH. Er ist 46 Jahre alt und lebt auch ein ganz normales Leben auf dem Lande mit Frau und Kind. Er ist mit sich im Reinen, wirkt weder angespannt noch etwa wirklich wütend, wenn er von der Wut „auf die da oben“ spricht.
So einer wäre auch nie auf die Idee gekommen, in die Politik zu gehen. Aber dann ärgerte ihn die Euro-Rettung, und er fand zu Bernd Lucke und seinem Kreis, aus dem schließlich die AfD hervorging: „Ich habe Volkswirtschaft studiert. Mir war klar, dass das nicht funktionieren kann.“ Holm fühlte sich auf einmal unter Gleichgesinnten und begann, die Strukturen für die Partei auch in seiner Heimat Mecklenburg-Vorpommern aufzubauen. Er blieb in der Partei, selbst als Lucke herausgedrängt wurde und sich der Charakter der AfD veränderte.
Seit er 2013 die Arbeit als Radiomoderator aufgeben musste, gehört Holm der Partei ganz. Er kandidierte für den Bundestag, fiel da aber nicht weiter auf. Er arbeitete zwei Jahre lang als Büroleiter für die Europaabgeordnete Beatrix von Storch. Und er wurde einer der beiden Sprecher der Landespartei. Aber erst die Flüchtlingskrise brachte Schwung in seine Karriere. Als Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern kam der Durchbruch. „Merkel muss weg“ – dahinter versammelten sich auf einmal nicht mehr nur die, welche den Euro kritisch sehen, die Flüchtlinge oder den Islam, sondern alle irgendwie Unzufriedenen.
Adrenalin-Wahlkampf an der Küste
Holm erlebte einen einzigartigen Adrenalin-Wahlkampf. Von Woche zu Woche stieg die Zustimmung. Er war plötzlich überall der Mittelpunkt. Und er zeigte, dass der nette Herr Holm auch kräftig austeilen kann. Durchaus auch in die eigene Partei, etwa als er durchsetzte, dass eine Parteifreundin vom Listenplatz drei wieder abgewählt wurde, weil sie ihre Vergangenheit bei einem Escort-Service nicht erwähnt hatte. Ausgeteilt hat er aber vor allem auf den Podien des Wahlkampfes gegen die „Altparteien“. Leute, die früher mit ihm zusammengearbeitet haben, wundern sich, wie Holm derart zum gnadenlosen Populisten werden konnte, der ein Bild vom Untergang Deutschlands malte, das zur Wahrnehmung des Feriensommers in Mecklenburg-Vorpommern so gar nicht passen wollte.
Nun muss sich im Landtag zeigen, ob Holm seine ausgleichende Art wiederfindet, wenn es an die Alltagsarbeit im Schweriner Schloss geht. Freilich hängt das auch von den anderen Parteien ab, denen er diesen mächtigen Dämpfer verpasst hat.