Porträt : Der unergründliche Monsieur Macron
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Wer kennt ihn wirklich, den Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron? Bild: Reuters
Die Blitzkarriere vom Nobody zum „Bonaparte“ hat in einem Punkt nichts geändert – Leute, die Emmanuel Macron näher kennen, fragen sich noch immer: Wer ist dieser Mann? Eine Annäherung.
Wer ist Monsieur Macron wirklich? Marine Le Pen hat die Frage in dem einzigen Fernsehduell vor dem entscheidenden Wahlgang der französischen Präsidentenwahlen an diesem Sonntag aufgeworfen. Sie behauptete, „eine Art Schleier“ verberge den wahren Emmanuel Macron. Le Pens Versuche, ihren 39 Jahre alten Widersacher mit aggressiven Angriffen aus der Reserve zu locken, scheiterten jedoch kläglich.
Wesentlich mehr Geschick, die komplexe Persönlichkeit Macrons zu erkunden, hat die französische Autorin Anne Fulda gezeigt. Ihre Anfang April in französischer Sprache erschienene Biographie „Emmanuel Macron – Un jeune homme si parfait“ (etwa: Ein allzu perfekter junger Mann) zeichnet den Werdegang eines Hochbegabten aus Amiens nach, der stets ältere Ziehväter gesucht, gefunden und sich von ihnen emanzipiert hat.
Präsidentenberater rühmt sich mit Entdeckung
Lächelnd berichtet die Reporterin, die für „Le Figaro“ arbeitet und zeitweilig Nicolas Sarkozy sehr nahe stand, in diesem Zusammenhang von ihren Recherchen beim früheren Präsidentenberater Jacques Attali. Der Chronist der Mitterrand-Ära („Verbatim“) sieht sich als französischer Königsmacher. „Ich habe Emmanuel Macron entdeckt. Ich habe ihn erfunden“, sagte ihr Attali. Fulda schildert, wie Attali sich außerdem rühmte, dass er schon zum vierten Mal Frankreich einen Präsidentschaftskandidaten gebe. „François Mitterrand habe ich nicht erfunden, aber ich war sein Kabinettsdirektor im Jahr 1974. Ségolène Royal war meine Mitarbeiterin. François Hollande war mein Mitarbeiter“, lässt sich Attali zitieren.
Als Präsident Sarkozy im August 2007 Attali die Leitung einer ranghohen Sachverständigen-Kommission „zur Befreiung des Wachstums“ anvertraute, rekrutierte er den jungen Macron als stellvertretenden Berichterstatter. „Ich habe ihn geholt. Und ich habe ihm sofort gesagt, dass er das Zeug zum Präsidenten hat“, erinnerte sich Attali. Auf Fuldas Frage, wie Macron reagierte, antwortete Attali ausweichend: „Ich weiß es nicht mehr. Er war ja immer ganz bescheiden mir gegenüber. Selbst wenn ich ihn angebrüllt habe, blieb er respektvoll.“
Nicht nur Banker im Freundeskreis
Eine besonders schillernde Gestalt in der Galerie der Macron-Förderer ist David de Rothschild. „Einen großen Bruder“, soll Macron ihn einmal genannt haben. Der Mann, der an der Spitze des französischen Zweigs der Bankdynastie steht, hält nicht nur große Stücke auf Macron. „Ich bin ihm tief verbunden“, wird Rothschild von Fulda zitiert. „Er hat den Mut aufgebracht, seine Tätigkeit bei uns niemals zu verleugnen“, so Rothschild.
Fulda schildert, dass Macron nicht nur unter den anderen Investmentbankern fortwährende Freundschaften schloss. Am Wahlabend in der Messehalle an der Porte de Versailles jubelten ihm einige der Rothschild-Banker begeistert zu. In dem Bankhaus fiel Macron durch besondere Herzlichkeit mit den niederen Angestellten auf. Eine frühere Sekretärin, „Simone“, lud er sofort zu einem Abendessen in das wie eine moderne Trutzburg über dem Seine-Fluss liegende Wirtschaftsministerium ein, als er Minister geworden war.
Vorliebe für altmodische Musik
Diese Nominierung wiederum verdankte er Jean-Pierre Jouyet, dem früheren Europaminister Sarkozys und heutigen Generalsekretär des Elysée-Palastes, der den jungen Finanzinspektor Macron unter seine Fittiche genommen hatte. Jouyet war es auch, der Präsident Hollande dazu drängte, Macron als Wirtschaftsberater in den Elysée-Palast zu berufen. Jouyet ist in zweiter Ehe mit einer Tochter der Champagner-Familie Taittinger verheiratet und mit „Tout-Paris“ vernetzt.