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AfD und Saarland-Wahl : Ende des Höhenflugs?

Das Ergebnis schöngelächelt: der saarländische AfD-Spitzenkandidat Rolf Müller Bild: EPA

Die AfD im Saarland kommt zwar mit sechs Prozent in den Landtag. Doch die rechtspopulistische Partei erzielt damit das viertschlechteste Ergebnis in elf Landtagswahlen. Ein Triumph sieht anders aus.

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          Das Schönreden von Wahlergebnissen gehört zum Handwerkszeug von Politikern aller Parteien. Für Vertreter der AfD stellt das Ergebnis der Saarland-Wahl vom Sonntag aber eine besondere Herausforderung dar. Bei elf Landtagswahlen hat die AfD schon auf den Stimmzetteln gestanden. Schlechter als im Saarland mit rund sechs Prozent schnitt die Partei aber nur 2015 bei den Wahlen in Bremen (5,5 Prozent) und Hamburg (6,1 Prozent) und 2013 in Hessen (4,1 Prozent) ab. Es handelt sich im Saarland also um das viertschlechteste Ergebnis in der Geschichte der AfD und um eines, das weit entfernt ist von den bundesweiten Umfrageergebnissen, welche die AfD derzeit in der Nähe von zehn Prozent sehen. Ein gutes Ergebnis, ein Sieg gar, würde man meinen, sähe anders aus.

          Justus Bender
          Redakteur in der Politik der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

          Entsprechend waren führende AfD-Politiker am Wahlabend bemüht, das Saarland zu einer Anomalie zu erklären, die mit der übrigen Partei wenig zu tun habe. Der stellvertretende Bundesvorsitzende Alexander Gauland etwa sprach von „Sonderfaktoren“, die das Ergebnis im Saarland beeinflusst hätten. Dazu zählte er zum Beispiel den Linken-Politiker Oskar Lafontaine, welcher für eine „populistische Partei“ wie die AfD eine „besondere Konkurrenz“ darstelle. Auch die stellvertretende Bundesvorsitzende Beatrix von Storch war bemüht, das Ergebnis schönzureden. Ihr genügte schon, dass die AfD nicht unter der Fünfprozenthürde verschwunden war. „Die Botschaft ist, dass die AfD in einen weiteren Landtag eingezogen ist und trotz schwieriger interner und externer Umstände stabil ist“, teilte von Storch mit. Die AfD sei „stärker als FDP und Grüne und ein fester Bestandteil der deutschen Parteienlandschaft“.

          Tatsächlich hatte es schwierige Umstände gegeben. Etwa, dass der Bundesvorstand der AfD versucht hatte, eine Auflösung des saarländischen Landesverbandes herbeizuführen und damit vor dem Bundesschiedsgericht der Partei gescheitert war. Grund waren rechtsextreme Umtriebe von führenden AfD-Politikern im Saarland gewesen. In einem Rundschreiben an alle Parteimitglieder hatten die Vorsitzenden Jörg Meuthen und Frauke Petry im vergangenen Oktober den saarländischen Landesverband aufgefordert, „nicht an der Landtagswahl im Frühjahr 2017 teilzunehmen und bereit eingereichte Listen zurückzuziehen“. Deutlicher konnten die Vorsitzenden der Partei nicht die Unwählbarkeit ihrer saarländischen Parteifreunde betonen. Auf das Ergebnis, könnte man meinen, müsste diese Vorgeschichte einen Einfluss gehabt haben. Vielleicht, könnte die These lauten, wäre die AfD im Saarland genauso stark gewesen wie in anderen Bundesländern, wäre jene Sache mit der Auflösung nicht gewesen.




          Gegen diese These spricht freilich, dass die AfD im Saarland noch im Januar – mehr als zwei Monate nach Meuthens und Petrys politischem Todesurteil über den Landesverband – von mehrere Umfrageinstituten bei rund zehn Prozent gesehen wurde. Die Enthüllungen über die rechtsextremen Umtriebe des Landesverbandes durch einem Bericht der Zeitschrift „Stern“ waren da schon fast ein Jahr alt. Auch Gaulands angeblicher „Sonderfaktor“ namens Oskar Lafontaine war zu diesem Zeitpunkt, sollte er einen Einfluss haben, schon eingepreist. Erst im März 2017 aber stürzte die saarländische AfD in den Umfragen auf Werte zwischen sechs und sieben Prozent ab. Zu einem Zeitpunkt wohlbemerkt, als Vertreter der Parteiführung wie Meuthen, Petry und weitere Bundesvorstandsmitglieder längst begonnen hatten, ihre eigenen Warnungen zu ignorieren – und dem saarländischen Landesverband mit Auftritten zu helfen.

          Sollte der Absturz der saarländischen AfD etwas mit der Vorgeschichte des Landesverbandes oder mit Lafontaine zu tun gehabt haben, müsste erklärt werden, warum diese Effekte erst im März 2017 zum Tragen kamen, und nicht schon vorher. Unabhängig von der Sonderrolle des Saarlandes scheint die AfD ihren Korridor in den Meinungsumfragen auch bundesweit gefunden zu haben. Selbst die eigentlich zu größtmöglichem Optimismus verpflichtete Parteiführung erwartet laut einem vom Bundesvorstand beschlossenen Strategiekonzept für die Bundestagswahl ein Ergebnis zwischen zwölf und 15 Prozent. Einer Partei, deren Anhänger oftmals den schnellen Wandel ohne zähes Ringen um Kompromisse oder gar Zugeständnisse in Koalitionsverhandlungen wollen, könnte dieser Realismus mehr schaden als anderen.

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