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Landtagswahlen im Saarland : Wiederbelebt durch das „Wunder von Würselen“

  • -Aktualisiert am

Halten sich die Hand: Rehlinger (l.) setzte schon früh auf Schulz-Themen in der SPD. Bild: EPA

Schulz sei Dank schießt den Sozialdemokraten im Saarland das Blut zurück in die Adern. Die joviale Spitzenkandidatin Anke Rehlinger könnte das bei der Wahl am Sonntag in die Staatskanzlei bringen. Nur: Mit wem?

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          Es war das Glück oder vielleicht auch das Gespür der saarländischen SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger, auf Martin-Schulz-Themen und -Töne zu setzen, als diesen noch kaum einer auf der Rechnung hatte. Zum Beispiel Ende November in Homburg auf einer Konferenz der Betriebs- und Personalräte. Da sagte sie: „Ein vernünftiges Rentensystem aufzustellen ist eine Form der Wertschätzung für Lebensleistung.“ Sie sprach von der „Würde der Arbeit“ und erzählte von einer Frau, die sie getroffen habe in einem saarländischen Industriebetrieb. Die Frau habe 46 Jahre und neun Monate geschuftet, um dann, nachdem sie vorzeitig in den Ruhestand gegangen sei, 867 Euro und 17 Cent Rente zu bekommen. Das, so Rehlinger, könne man nicht akzeptieren.

          Timo Frasch
          Politischer Korrespondent in München.

          Auch von ihrem Vater, einem ehemaligen Schichtleiter in einem von der Insolvenz bedrohten Holzplattenwerk, erzählte sie. Weil die Gewerkschaft gut verhandelt habe, habe er auch gut verdient und konnte so, mit seinen kaputten Knien, vorzeitig in den Ruhestand. Schließlich brach Rehlinger noch eine Lanze für die Stahlindustrie im Saarland: „Stahl hat Zukunft, er gehört zu diesem Land wie die Saar.“ Fehlte nur noch, dass sie sagte, man müsse das nicht nur mit dem Kopf verstehen, sondern ganz tief drinnen im Herzen spüren.

          Landtagswahl : SPD will im Saarland stärkste Kraft werden

          Rehlinger hat seit Anfang 2014 zig solcher Veranstaltungen gemacht. Damals ging Heiko Maas, der immer noch SPD-Landesvorsitzender ist, nach Berlin, sie, die bis dahin Justiz- und Umweltministerin war, übernahm von ihm in der großen Koalition das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Energie. Auch als stellvertretende Ministerpräsidentin folgte sie ihm nach. Es gibt Sozialdemokraten, die fühlen sich unter Soziologen wohl, andere unter Sonderpädagogen oder Schauspielerinnen. Rehlingers Revier sind Hochöfen, Werktore, Belegschaftstreffen, Gewerkschaftsabende. An jenem Tag im November war in Homburg auch Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles zu Gast, um über die Zukunft der Arbeit und der Rente zu sprechen. Das war etwas Besonderes. Denn das Saarland war in den Jahren nach Oskar Lafontaine und Reinhard Klimmt vom Radarschirm der Bundes-SPD weitgehend verschwunden. Wenn man noch vor einem halben Jahr bei Genossen in Rheinland-Pfalz, Hessen oder Berlin eine fundierte Meinung zu Anke Rehlinger einholen wollte, dann erschöpfte sich das zumeist in: „patente Frau“.

          Zurück in die Zukunft? Anke Rehlinger will von den Erblasten ihrer Partei nichts wissen. Mit wem sie bei einem Wahlsieg koalieren würde, lässt sie offen. Oskar Lafontaine von den Linken findet sie, hat sich in ihrem Land verdient gemacht. Bilderstrecke
          Zurück in die Zukunft? Anke Rehlinger will von den Erblasten ihrer Partei nichts wissen. Mit wem sie bei einem Wahlsieg koalieren würde, lässt sie offen. Oskar Lafontaine von den Linken findet sie, hat sich in ihrem Land verdient gemacht. :

          Das liegt auch daran, dass sie selbst immer sehr aufs Saarland fixiert war. Geboren 1976 in Wadern, einer kleinen Stadt zwischen Saarbrücken und Trier, ging sie in Nunkirchen auf die Grundschule, machte das Abitur in Merzig, studierte Jura in Saarbrücken. Für ihren Sport, die Leichtathletik, in der sie zeitweise zu den besten Kugelstoßerinnen Deutschlands gehörte, fand sie gute Voraussetzungen am Saarbrücker Olympiastützpunkt und in ihrem Heimatverein, der tatsächlich LC Rehlingen heißt. Man könnte ihr das als Provinzialität auslegen. Ein Journalist fragte sie jüngst auf einer Wahlkampftour in eben diese Richtung. Sie hörte das offensichtlich nicht zum ersten Mal und verstand es, aus dem latenten Vorwurf einen Vorteil zu machen: Sie sei ein „bekennendes Landei“, habe sich im Saarland immer wohlgefühlt. Was dabei ein bisschen mitschwang waren – auch von der Saar-SPD gestreute – Mutmaßungen, ihre Konkurrentin, Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, werde über kurz oder lang sowieso nach Berlin gehen.

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