
Wie seltsam dieser Spagat zuweilen anmuten kann, zeigte sich etwa in der Haltung des Stellvertreters zu Trumps Forderung eines Einreiseverbots für Muslime. Bezeichnete Pence den Plan vor seinem Eintritt in die Kampagne noch als „verletzend und verfassungswidrig“, fand er für den leicht abgeschwächten Vorschlag wenige Monate später nur noch lobende Worte. Interessant wird zu beobachten sein, ob Pence, der sich in Amerika vor allem als Kämpfer gegen die Ausweitung von Rechten für Schwule und Lesben einen Namen gemacht hat, auch andere Positionen aufweichen wird. Bei Trumps Lieblingsthema Freihandelsabkommen, vom marktliberalen Pence eigentlich stets klar befürwortet, sieht es bereits ganz danach aus.
Und doch: Gutes Teamwork sieht anders aus. Das zeigte sich bereits unmittelbar vor der offiziellen Präsentation von Pence, als Trump durchblicken ließ, dass er doch eigentlich lieber einen anderen Mann zum Stellvertreter gemacht hätte.

Christies offizielle Funktion in der Trump-Kampagne: Als Chef des so genannten „transition team“ ist er damit beauftragt, im Falle eines Wahlsieges einen reibungslosen Übergang zur Obama-Regierung zu gewährleisten. Seine inoffizielle Funktion aber ist die einer fleischgewordenen „Abteilung Attacke“, die es vor allem auf die demokratische Kandidatin Hillary Clinton abgesehen hat. Bei seinem Auftritt auf dem Parteitag in Cleveland spielte der 53 Jahre alte Christie seine Rolle als Chefankläger (der er vor seiner Zeit als Politiker ja tatsächlich einmal war) so überzeugend, dass die aufgepeitschte Menge immer wieder mit lauten „Sperrt sie ein“-Sprechchören reagierte.
Christies Problem: Wegen eines Brückenskandals in seinem Heimatstaat New Jersey ist sein Image angekratzt. Wohl auch deswegen könnte sich Trump dagegen entschieden haben, Christie eine tragendere Rolle zu geben.

Bannon, früherer Investmentbanker und Chef von „Breitbart News“, einer radikalkonservativen Internet-Plattform, die Trump seit einiger Zeit uneingeschränkt unterstützt (und deswegen von Kritikern bereits als „Trump-Pravda“ verspottet wird), bezeichnete das Bloomberg Magazine in einem Porträt einst als den „gefährlichsten politischen Strategen der USA“. Aggressiv und nationalistisch in der Botschaft, ungehobelt im Ton, ziehen Bannon und seine Publikationskanäle vor allem Verschwörungstheoretiker und rechte Hardliner an, denen der republikanische Haus-und Hof-Sender „Fox News“ zu weich und ausgewogen ist.
Bannon ist nach dem Ausscheiden von Paul Manafort und dessen Vorgänger Corey Lewandowski übrigens schon der dritte Kampagenenmanager für Trump. Lewandowski beschreibt Stil und Wesen von Bannon übrigens mit den Worten „Gewinnen um jeden Preis“ – ein Motto, das durchaus auch zu Trumps risikoreicher Wahlkampfausrichtung passt.

Trump dürfte von Conway vor allem erwarten, dass sie ihr (dringend benötigtes) analytisches Wissen als Meinungsforscherin in die Kampagne einbringt. Mit ihrer Firma hat Conway bereits viele Wahlkämpfe republikanischer Politiker mit Umfragedaten und strategischem Rat begleitet. Der Hauptfokus ihrer Arbeit dürfte nun darin liegen, anhand aktueller Zahlen und Einschätzungen einen geographischen Masterplan für den Trump-Wahlkampf zu erstellen und umzusetzen. In welchen Staaten lohnt sich der Einsatz? Um welche sollte man wegen mangelnder Erfolgsaussichten besser einen Bogen machen? Diese Fragen wird Conway schnell beantworten müssen. Bevor sie in die Trump-Kampagne eintrat, unterstützte sie übrigens Trumps Vorwahl-Rivalen Ted Cruz, unter anderem an der Spitze einer von Milliardär Robert Mercer finanzierten Lobby- und Geldgebergruppe.
Dass ihr als Demoskopin von der „Washington Post“ einst ein begehrter Preis zugesprochen wurde, weil sie das Ergebnis der Präsidentschaftswahl 2004 am genauesten vorhergesagt hatte, sollte die Trump-Kampagne nicht unbedingt als gutes Omen werten. Für die aktuelle Wahl hat Conway schließlich noch keine Prognose abgegeben.

Dass Vater Trump seine Zuneigung zu Ivanka immer mal wieder mit verstörend anzüglichen Sprüchen und Gesten zum Ausdruck bringt, sorgt in den Vereinigten Staaten zwar für jede Menge Gerede, ändert aber nichts an den hohen Sympathiewerten der 34 Jahre alten Trump. Anders als viele konservative Trump-Unterstützer, die dem Vergangenen hinterhertrauern und das Land „wieder großartig“ machen wollen, gibt sich Ivanka gerne als nicht-ideologisch und hin und wieder sogar als fortschrittlich, wenn sie sich zum Beispiel für Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern ausspricht. So könnte sie unentschlossene Wähler einfangen.
Entsprechende Andeutungen des Vaters, als Präsident Ivanka eine führende Position in seiner Administration geben zu wollen, redete sie selbst zuletzt klein: „Meine Rolle ist es, Tochter zu sein.“

Auch an der Entscheidung, Mike Pence zum Vizepräsidentschaftskandidaten zu machen, soll Schattenmann Kushner, in dem Trump Insidern zufolge sein jüngeres Ich zu erkennen glaubt, erheblichen Anteil gehabt haben. Daran also, dass der 35 Jahre alte Kushner im Trump-Team eine ganz wichtige Rolle spielt, besteht kaum ein Zweifel. Und doch gibt Kushners Wahlkampf-Engagement vielen Weggefährten Rätsel auf. Nicht nur weil Trumps Schwiegersohn aus einer überzeugten Demokraten-Familie stammt, sondern auch, weil er als orthodoxer Jude nun für einen Präsidentschaftskandidaten wirbt, der bei vielen Antisemiten gut ankommt.
Vor allem aber eine personelle Konstellation in der Trump-Kampagne sorgt für Aufsehen: New-Jersey-Gouverneur Chris Christie, der heute an Kushners Seite für Trump trommelt, brachte in seiner Funktion als Bundesstaatsanwalt einst Jareds Vater Charles wegen Steuerhinterziehung und anderer Vergehen ins Gefängnis.

Wie zentral die Rolle des 37 Jahre alten Trump, der zusammen mit Ivanka und Eric auch noch die Geschickte des Trump-Familienkonzerns lenkt, in der Mannschaft seines Vaters ist, zeigt die von Ohio-Gouverneur John Kasich zirkulierte Geschichte, wonach es Donald Jr. gewesen sei, der Kasich über einen Kontaktmann das Angebot unterbreitet habe, als „mächtigster Vizepräsidentschaftskandidat aller Zeiten“ an Trumps Seite anzutreten. Demnach habe er versprochen, dass Kasich als Stellvertreter „sowohl Innen- als auch Außenpolitik“ der Trump-Präsidentschaft bestimmen könne. Viel Gestaltungsspielraum wäre da für den Vater nicht übriggeblieben.
Trumps Sprecher dementierten Kasichs Version entschieden, wie auch Donald Jr. selbst. Auch um seine eigene politische Karriere zu retten, blieb ihm gar nichts anderes übrig.

Wo Clovis, der noch bis 2015 zum Team des früheren texanischen Gouverneurs Rick Perry gehörte, politisch zu verorten ist? Die überparteiliche Plattform OnTheIssues.org, die Interviews, Positionspapiere und öffentliche Auftritte verschiedener Akteure auswertet, sieht ihn am ganz rechten Rand des rechtskonservativen Spektrums, deutlich weiter rechts als Trump selbst. Ob es gegen die Einbürgerung von illegalen Einwanderern, gegen Abtreibungen, für eine Ausweitung des Verteidigungshaushalts oder für die Stärkung fossiler Energieträger geht – viele der Lieblingsthemen von Clovis finden sich in den Reden und Interviews von Trump wieder.
Dennoch darf man Clovis’ Bedeutung wohl nicht überbewerten. Anders etwa als der berühmt-berüchtigte Berater Karl Rove, der im Team des damaligen Präsident George W. Bush als eine Art allmächtiger Einflüsterer (böse Zungen sagen sogar als Bushs Gehirn) fungierte, ist Clovis in Trumps Team eher eine Art Stichwortgeber, auf den der Kandidat hören kann, oder nicht.

Wenn das nicht funktioniert und es doch mal keinen argumentativen Ausweg zu geben scheint, ignoriert sie einfach (wie zuletzt immer öfter geschehen) wichtige historische Fakten (auf Twitter unter anderem unter dem wenig schmeichelhaften Hashtag #KatrinaPiersonHistory zu finden) oder wirft eine rhetorische Nebelkerze, um das Gesprächsthema aggressiv in eine andere Richtung zu lenken. 2014 versuchte die Texanerin als Aktivistin der rechten Tea-Party-Bewegung erfolglos, sich in einem Kongresswahl-Distrikt als Kandidatin aufstellen zu lassen. Erst 2015 lernte sie Trump kennen, den sie „wegen seiner mangelnden politischen Korrektheit“ schätze, wie sie sagt.
Mit Unzulänglichkeiten in ihrem eigenen Lebenslauf geht die Sprecherin des selbsternannten „Law-and-Order-Kandidaten“ derweil selbstbewusst um. Dass sie als 20 Jahre junge Frau einmal wegen Ladendiebstahls in einem Modegeschäft verhaftet wurde, habe ihr die Möglichkeit gegeben, „dem Leben eine neue Richtung zu geben“, so Pierson.

Der Kampf gegen illegale Einwanderung beziehungsweise für eine schnelle und umfassende Abschiebung aller illegal Eingereisten ist Sessions’ politisches Steckenpferd. Auch Freihandelsabkommen mit anderen Staaten und regionalen Organisationen kritisiert er regelmäßig. Dass nun jemand kommt, der diese Positionen in den Präsidentschaftswahlkampf (und vielleicht ja sogar ins Weiße Haus) trägt, macht den 69 Jahre alten Sessions zum großen Trump-Unterstützer. Sessions’ schon jetzt kaum versteckte Schadenfreude darüber, dass alldiejenigen Leute, die geglaubt hatten, in der Republikanischen Partei sei kein Platz mehr für Typen wie ihn, falsch gelegen haben, dürfte sich ins Unermessliche steigern, wenn Trump ihm nach einer gewonnenen Wahl einen wichtigen Posten im Kabinett anbieten dürfte.
Andersherum hat Trump dem Senator schon jetzt einen wichtigen Mitarbeiter zu verdanken. Stephen Miller, einst Sessions-Mann, hat sich als Trump-Redenschreiber einen Namen gemacht, entwarf etwa die mehr als 75 Minuten langen Rede des Kandidaten auf dem Nominierungsparteitag in Cleveland. Der erst 30 Jahre alte Miller (nicht zu verwechseln mit Kommunikationsberater Jason Miller) verstehe „zweifellos die Sprache Trumps“, lobt Kampagnenmanager Manafort.

Nun ist Scavino Anfang 40 und in der Trump-Kampagne eine Art „Mädchen für alles“, auch wenn er sich hauptamtlich mit Trumps Auftritten auf den diversen Social-Media-Kanälen beschäftigt. Beobachter meinen erkennen zu können, wann Trump selbst und wann Scavino twittert. „Ich würde niemals jemanden beleidigen wollen und habe deswegen entschieden, das Bild zu entfernen“, sagte Scavino nach einem von einem antisemitischen Account übernommenen Anti-Clinton-Tweet, in dem ein Davidstern mit den Worten „korrupteste Kandidatin aller Zeiten“ zu sehen war.
Es war nicht der erste Skandal um Trumps von etwa 11 Millionen Menschen abonnierten Twitter-Kanal. Oftmals aber trifft Scavino keine Schuld, denn Trump twittert eh das, was er will. „Er legt mir seine Aussagen nicht vor, bevor er sie veröffentlicht“, so Scavino.

Vor allem aber steht Paulson stellvertretend für die Art von Beratern, mit der sich Trump in seiner Kampagne gerne umgibt. Persönliche Verbindung und „Macher“-Vita scheinen ihm wichtiger zu sein als allgemein anerkanntes Fachwissen . Im gesamten Wirtschaftsteam von Trump findet sich gerade mal ein Mann (Frauen gibt es dort nicht) mit einer Promotion in Wirtschaftswissenschaften. Auch das Team im Bereich Außen- und Sicherheitspolitik ist seltsam blass. Ein Berater hatte offenbar so wenig Erfahrung vorzuweisen, dass er in seinem Lebenslauf als Qualifikation angab, als Student an einer UNO-Simulation teilgenommen zu haben. Ob Trump keine besser qualifizierten Fachberater findet, oder ob er bewusst Personen um sich schart, die seinen eigenen im Wahlkampf oftmals spontan erklärten Positionen nicht widersprechen sollen, bleibt eine der großen offenen Fragen der Trump-Kampagne.


















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