Wahlkampf in Amerika : Recht auf Lebenlassen
- -Aktualisiert am

Out of many, one: Vor diesem Hintergrund verblasste in Tampa jeder weltanschauliche Streit Bild: REUTERS
Auf dem Parteitag der Republikaner in Tampa herrscht große Gelassenheit - zur Freude von Mitt Romney. Noch nicht einmal die Abtreibungsgegner wollten dem amerikanischen Präsidentschaftskandidaten die Show der Eintracht verderben.
Matt Kibbe ist zufrieden. Der hochgewachsene Mann mit der Designerbrille und den weit in die Wangen hineingezogenen Koteletten erklärt gern, warum er mit dem Parteitag der Republikaner in Tampa zufrieden ist. Matt Kibbe ist Chef der Organisation „Freedom Works“, der vielleicht wichtigsten Dachorganisation der „Tea Party“-Bewegung. „Wir konnten großen Einfluss nehmen auf die Verhandlungen über das Parteiprogramm“, sagt er.
Über das Internet seien die Anhänger und Mitglieder der verschiedenen Organisationen der „Tea Party“ aufgerufen worden, ihre Vorschläge zu unterbreiten. Die gut 1,2 Millionen Zuschriften und Beiträge seien dann gebündelt und von Vertretern der „Tea Party“ in den zwölf Ausschüssen des Programmkomitees vorgebracht worden. „Viele dieser Vorschläge haben Eingang gefunden und sind nun Teil des Parteiprogramms der Republikaner“, sagt Kibbe. Darin sieht er eine „Anerkennung des Einflusses dieser amerikanischen Graswurzelbewegung auf den politischen Prozess“.
Kritik an Obamas Schuldenpolitik
Matt Kibbe ist überzeugt, dass der Einfluss der „Tea Party“, der 2010 wesentlich zum Sieg der Republikaner bei den Kongresswahlen beitrug, ungebrochen sei. So sei es gelungen, die Forderung nach einer externen Rechnungsprüfung für die Notenbank ins Parteiprogramm aufzunehmen. Eine straffere Kontrolle der „Federal Reserve“ ist für viele Anhänger der „Tea Party“ eine Herzensangelegenheit.
Denn nach ihrer Überzeugung lässt die Notenbank die Maschinen zum Gelddrucken auf viel zu hohen Touren laufen, was es wiederum Präsident Barack Obama und der Regierung der Demokraten erlaube, immer höhere Schulden zu machen: Sie lasse das Geld, das sie nicht habe, einfach neu drucken.
Ganz so simpel, wie es bei der „Tea Party“ klingt, ist der Zusammenhang zwischen Staatsverschuldung und Geldmarktpolitik in Wahrheit nicht. Doch auch Mitt Romney haut in diese Kerbe. Er hat jedenfalls wissen lassen, dass er den Notenbank-Chef Ben Bernanke nicht für eine weitere Amtszeit von vier Jahren nominieren werde, wenn dessen zweite Amtsperiode im Januar 2014 endet. Auch für einen amtlich nominierten Präsidentschaftskandidaten kann es nicht schaden, sich vor der „Tea Party“ zu verneigen.
Doch wie tief hat sich die Republikanische Partei als Ganze bei ihrer „National Convention“ zur Nominierung eines Präsidentschaftskandidaten vor jener Bewegung verbeugt, die seit 2009 den rechten Volkszorn über Präsident Obama kanalisiert hat? Hat sich die renitente Bewegung vom Apparat der Partei bändigen lassen oder hat sie umgekehrt der Partei und deren Programmschrift (die freilich kaum jemand liest) ihren Stempel aufgedrückt?
Arbeitslosigkeit, Schuldenberg, Haushaltsloch
Jedenfalls ist auch Russ Schrieffer zufrieden. Schrieffer war in Mitt Romneys Wahlkampfstab der Chefplaner für den Parteitag. Er entschied, die auf vier Tage geplante Veranstaltung wegen des Hurrikans „Isaac“ um einen Tag zu verkürzen. Er war Herr über die Liste der Redner (und über deren Manuskripte, deren Genehmigung Romneys Stab sich vorbehielt). Parteitage sind Krönungsmessen, die ganz auf den Kandidaten und seinen „running mate“ zugeschnitten sein müssen. Mitt Romneys und Paul Ryans Parteitag in Tampa erfüllte diese Maßgabe.