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Wahl in Amerika : Träume von Vätern

Barack Obama hat in Washington lernen müssen, wie hart die Politik ist.

Barack Obama hat in Washington lernen müssen, wie hart die Politik ist. Bild: REUTERS

Bei der amerikanischen Präsidentschaftswahl stehen sich am Dienstag zwei Kandidaten gegenüber, deren Herkunft unterschiedlicher kaum sein könnte: Mitt Romney will das Werk seines Papas vollenden. Barack Obama ging eher in die Politik, weil er nie einen echten Dad gehabt hat.

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          Als Mitt Romney am 3. Oktober in Denver hinter das Stehpult zur ersten Kandidatendebatte mit Präsident Barack Obama trat, brauchte er keine Notizen. Er hatte sich mehrere Wochen lang intensiv auf das Wortduell vorbereitet, seine „Talking Points“ geschliffen, seine Schlussansprache auswendig gelernt. Ehe der Moderator die erste Frage an den Republikaner richtete, kritzelte Romney drei Buchstaben auf das leere Blatt Papier, das vor ihm lag: „Dad“. „Papa“ George, der 1995 gestorben ist, sollte Mitt Romney ein Leitbild sein während der bis dahin wichtigsten Debatte seines Lebens. Zugleich gab Mitt Romney so etwas wie ein Versprechen ab: für seinen Vater zu erreichen, was diesem versagt geblieben war, nämlich ins Weiße Haus gewählt zu werden.

          Matthias Rüb
          Politischer Korrespondent für Italien, den Vatikan, Albanien und Malta mit Sitz in Rom.

          Man kann den Menschen und den Politiker Mitt Romney nicht verstehen, ohne dessen tiefe Liebe und Verehrung für seinen Vater George zu ermessen. Und man kann ihn nicht verstehen, ohne die tiefe Verwurzelung in der mormonischen „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ in den Blick zu nehmen.

          George Romney wurde in der mormonischen „Colonia Dublán“ nahe Galeana im nordmexikanischen Bundesstaat Chihuahua geboren. Dorthin war Mitt Romneys Großvater Gaskell Romney (1871 bis 1955) im Alter von 14 Jahren mit seinen Eltern aus Utah geflohen, weil die Mormonen seinerzeit noch die Vielehe praktizierten und deshalb verfolgt wurden. Mitt Romneys Urgroßvater Miles Park Romney (1843 bis 1904) hatte fünf Frauen - darüber spricht Romney fast nie. Im Jahre 1890 untersagte die Führung der Mormonen-Kirche in Salt Lake City in Utah die Polygamie. Seither sind die Mormonen, von Splittergruppen abgesehen, nicht nur streng monogam, sie verkünden auch, dass Eheleute und Familien für alle Ewigkeit aneinander „gesiegelt“ seien. Romneys Großvater Gaskell war der Erste in der Sippe, der gemäß der neuen Verfügung aus Salt Lake City der Vielweiberei abschwor.

          Mit Romney war das Nesthäckchen

          Die Romneys gehören zu den Mormonen der ersten Stunde. Mitt Romneys aus England eingewanderter Ururgroßvater Miles Romney (1806 bis 1877) konvertierte 1837 zu der erst sieben Jahre zuvor vom Propheten Joseph Smith (1805 bis 1844) gegründeten Religion. Joseph Smith wurde von einem Mob erschossen. Das damals noch kleine Häuflein der Mormonen wurde immer weiter nach Westen vertrieben, ehe es endlich in der unwirtlichen Salzwüste von Utah eine ständige Bleibe fand.

          George Romney kam im Sommer 1912 als vier Jahre alter Bub aus Mexiko in die Vereinigten Staaten. Der einst sichere Hafen Mexiko, in dem die Familie erst eine Generation zuvor Zuflucht gefunden hatte, war durch die mexikanische Revolution nun selbst gefährlich geworden. Hab und Gut der Familie waren in Mexiko zurückgeblieben, George Romney wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Er versuchte sich in mehreren Studiengängen, als Verkäufer von Milchprodukten und Kartoffeln, stieg schließlich beim Aluminiumhersteller Alcoa in Pittsburgh in Pennsylvania vom Lehrling bis ins Management auf. Seine Frau, die angehende Hollywood-Schauspielerin Lenore LaFount, umwarb er energisch, bis sie schließlich ihre Karriere aufgab und ihm nach Detroit in Michigan folgte, wo Romney in der Automobilindustrie reüssierte.

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