
Vorwahlkampf der Republikaner : Partei ohne Schwergewichte
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Doch alle Republikaner eint der innige Wunsch, unter allen Umständen eine zweite Amtszeit Obamas zu verhindern. Deshalb lassen sich die meisten republikanischen Wähler bei der Auswahl des Kandidaten von der Frage leiten, wer im direkten Duell die besten Chancen haben wird, den gegnerischen Amtsinhaber zu schlagen. Gegenwärtig traut eine bedeutende Mehrheit der Republikaner von allen drei Flügeln dies offenbar Mitt Romney zu, der nach seinem knappen Auftaktsieg in Iowa wohl auch die zweite Runde in New Hampshire gewinnen wird. Romney war von Januar 2003 bis Anfang 2007 Gouverneur in dem benachbarten neuenglischen Bundesstaat Massachusetts und hat sich während dieser Zeit den Ruf eines gemäßigten, ja zentristischen Republikaners erworben. So setzte er 2006 mit seiner Unterschrift eine Gesundheitsreform für Massachusetts in Kraft, die eine allgemeine Versicherungspflicht und staatliche Subventionen für Versicherte mit geringem Einkommen vorsieht - ähnlich der jetzt von Romney scharf kritisierten nationalen Gesundheitsreform von Präsident Obama. Auch im Streit um die Abtreibung verteidigte Romney seinerzeit das bestehende „Recht auf Abtreibung“ - eine liberale Position, die er heute als falsch verwirft.
Rhetorisches Säbelrasseln gegen die kommende Nuklearmacht Iran
Bei seinen Wahlkampfauftritten pflegt Romney seinen Anhängern zuzurufen: „Es geht um die Seele Amerikas!“ Ganz ähnlich klingen die Schlachtrufe von Rick Santorum und Ron Paul, auch von Newt Gingrich und Rick Perry und schließlich von Jon Huntsman. Es steckt darin der unausweichliche Alarmismus des Wahlkampfes, doch tatsächlich geht es bei den Präsidenten- und Kongresswahlen vom 6. November um eine weltanschauliche Grundsatzfrage. In der entscheidenden Schlusspassage von Mitt Romneys Standardrede heißt es: „Wollen wir eine Anspruchsgesellschaft voller Neid und Missgunst, einen Wohlfahrtsstaat nach europäischem Muster? Oder wollen wir eine Gesellschaft, die Möglichkeiten bietet und Leistung honoriert?“ Soll Amerika wie das schwache und zerstrittene Europa werden, soll es dem Ruf zum Klassenkampf und zum Egalitarismus von Präsident Obama folgen? Oder soll Amerika zu seinen Wurzeln des Individualismus, der Vitalität und des freien Unternehmergeists zurückkehren? „Ich glaube an die Größe Amerikas!“, ruft Romney zum Abschluss jeder Rede. Und wie ein Echo schallt dieses Glaubensbekenntnis auch aus den Reden seiner innerparteilichen Konkurrenten zurück.
Umfragen zeigen seit Monaten nahezu unverändert, dass 70 Prozent der Amerikaner der Ansicht sind, dass sich das Land in die falsche Richtung bewegt. Die Zustimmung zur Amtsführung von Präsident Obama hat sich bei etwa 45 Prozent eingependelt. Ob außen- und sicherheitspolitische Fragen überhaupt eine Rolle im Wahlkampf spielen werden, ist fraglich. Den Abzug aller amerikanischen Soldaten aus dem Irak zum Jahresende hat Obama als Einlösung eines Wahlkampfversprechens herausgestrichen. Auch die Vorbereitungen für den Abzug amerikanischer Kampftruppen aus Afghanistan bis Ende 2014 bezeichnet der Präsident als Indiz dafür, dass sich die Zeit der amerikanischen Landkriege am Hindukusch wie im Zweistromland dem Ende zuneige. Ob ein republikanischer Präsidentschaftskandidat mit rhetorischem Säbelrasseln gegen die kommende Nuklearmacht Iran auch gegen Präsident Obama auftrumpfen kann, der immerhin den Terroristenführer Usama Bin Ladin ausgeschaltet und den Drohnenkrieg in Pakistan und anderswo verschärft hat, ist fraglich.