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Urteil im Fall George Floyd : Früherer Polizist Derek Chauvin schuldig gesprochen

  • Aktualisiert am

Demonstration gegen Polizeigewalt am 19. April in Minneapolis Bild: dpa

Die Geschworenen haben den früheren Polizisten Chauvin im Prozess um die Tötung von George Floyd in allen Anklagepunkten für schuldig befunden. Das genaue Strafmaß wird vom Richter bekannt gegeben.

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          Im Prozess um die Tötung des Afroamerikaners George Floyd haben die Geschworenen den weißen Ex-Polizisten Derek Chauvin in allen Anklagepunkten für schuldig befunden. Das erklärte Richter Peter Cahill am Dienstag in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota. Damit droht Chauvin eine lange Haftstrafe. Das genaue Strafmaß soll erst später vom Richter festgelegt werden. Chauvins Verteidigung könnte noch Berufung gegen das Urteil einlegen.

          Der 46 Jahre alte Floyd war am 25. Mai vergangenen Jahres in Minneapolis bei einer Festnahme ums Leben gekommen. Videos dokumentierten, wie Polizisten den unbewaffneten Mann zu Boden drückten. Chauvin presste dabei sein Knie rund neun Minuten lang auf Floyds Hals, während dieser flehte, ihn atmen zu lassen. Floyd verlor laut der Autopsie das Bewusstsein und starb wenig später. Die Beamten hatten ihn wegen des Verdachts festgenommen, mit einem falschen 20-Dollar-Schein bezahlt zu haben.

          Der frühere Polizist Derek Chauvin am 19. April im Gerichtssaal
          Der frühere Polizist Derek Chauvin am 19. April im Gerichtssaal : Bild: AP

          Der schwerwiegendste Anklagepunkt gegen Chauvin lautete Mord zweiten Grades ohne Vorsatz. Darauf stehen in Minnesota bis zu 40 Jahre Haft. Nach deutschem Recht entspräche dies eher dem Totschlag. Zudem wurde Chauvin auch Mord dritten Grades vorgeworfen, was mit bis zu 25 Jahren Haft geahndet werden kann. Auch musste er sich wegen Totschlags zweiten Grades verantworten, worauf zehn Jahre Haft stehen. Dieser Anklagepunkt entspräche nach deutschem Recht eher der fahrlässigen Tötung. Chauvin hatte auf nicht schuldig plädiert.

          Emotionale Reaktionen am Tatort

          Chauvin zeigte während der Verlesung des Urteils wenig Regung und verließ ohne weitere Aussagen den Gerichtssaal. Eine Freilassung auf Kaution lehnte das Gericht ab. Experten gehen davon aus, dass der bislang nicht vorbestrafte Chauvin ein geringeres Strafmaß bekommen dürfte als maximal zulässig.

          Im amerikanischen Fernsehsender „CNN“ waren Live-Bilder aus Minneapolis zu sehen, wo sich hunderte Menschen sich in der Nähe des Tatorts versammelt hatten. Nach der Urteilsverkündung klatschen sie teilweise, einige brachen in Tränen aus. Im Hintergrund waren „Black lives matter“ und „No justice, no peace“-Rufe zu hören.

          Auch der Anwalt der Familie äußerte sich kurz nach der Verkündung des Urteils. Es sei ein „Wendepunkt in der Geschichte“, schrieb Ben Crump auf Twitter. Es sende eine klare Botschaft, dass auch die Strafverfolgung zur Rechenschaft verpflichtet sei. Crump schrieb weiter: „Gerechtigkeit für das schwarze Amerika ist Gerechtigkeit für ganz Amerika!“ Mit dem Urteil sei es aber nicht getan – es müsse nun eine Polizeireform geben.

          Amerikanischen Medien zufolge hatte unter anderen das Polizeirevier in Minneapolis vor der Urteilsverkündung neu-installierte Tore geschlossen. Auch viele Geschäfte hatten geschlossen und ihre Läden mit Brettern verrammelt – aus Angst, dass ein zu mildes Urteil zu neuen Unruhen führen könnte.

          Warten auf das Urteil der Geschworenen am Dienstag in Minneapolis
          Warten auf das Urteil der Geschworenen am Dienstag in Minneapolis : Bild: AFP

          Die Entscheidung über Schuld oder Unschuld fiel dem amerikanischen Rechtssystem folgend den Geschworenen zu. Für die seit Montagnachmittag andauernden Beratungen der zwölf Jury-Mitglieder gab es keine Zeitvorgabe. Sie durften während der Unterredungen aber nicht mehr nach Hause, sondern waren in einem Hotel untergebracht. Ihr Urteil musste einstimmig getroffen werden. Die Geschworenen bleiben in diesem Fall aus Sicherheitsgründen bis auf Weiteres anonym.

          Floyds Schicksal hatte in den Vereinigten Staaten mitten in der Corona-Pandemie eine Welle an Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt ausgelöst und entwickelte sich zur größten Protestbewegung seit Jahrzehnten. Der Prozess gilt als der wichtigste in der Geschichte des Bundesstaates Minnesota.

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