Schläger für Trump : Wie gefährlich sind die „Proud Boys“?
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Sie halten sich bereit: „Proud Boys“ mit ihrem Führer Enrique Tarrio (zweiter von links) auf einer Demonstration am 26. September in Portland Bild: AP
Sie verbreiten nicht nur rechte Parolen, sie schlagen auch öfter mal Gegner zusammen. Durch Donald Trumps Auftritt bei der TV-Debatte gegen Joe Biden sind die „Proud Boys“ nun in den Schlagzeilen.
November 2018 in Miami: der rechte Trump-Liebling Ron DeSantis, heute als Gouverneur bekannt für seinen besonders schludrigen Umgang mit der Corona-Krise, versammelte seine Anhänger in „Little Havana“, wo viele Exilkubaner wohnen. Ein paar Fans, die eben noch lautstark die Journalistinnen und Journalisten beschimpft hatten, stellten sich als „Proud Boys“ vor. Einer aus der Gruppe trug ein T-Shirt, das den demokratischen Gouverneurs-Kandidaten Andrew Gillum, einen Afroamerikaner, in Nazi-Uniform zeigte. Ob er es verstehen könne, wenn manche Menschen sich von dem Aufdruck verletzt fühlten?. „Ja, schon, aber die anderen müssen auch verstehen, dass wir uns verletzt fühlen.“ Wovon, das wurde nicht klar, und das ist oft so bei den „Proud Boys“, einer Männergruppe, die rechte Parolen verbreitet, sich aber nicht explizit aufs Neo-Nazitum festlegt. Ein paar Wochen vor der Jubelaktion für DeSantis waren sie in New York in Erscheinung getreten, weil „Proud Boys“ Linke in einer Kneipe zusammengeschlagen hatten.
Manche bezeichnen die Gruppe wegen solcher Vorfälle als eine Art ultrarechte Straßenbande – und weil sie nur ein paar hundert Mitglieder zählen soll, war sie nach den Prügeleien auch schnell wieder aus den Schlagzeilen verschwunden. Doch sie ist Teil jenes rechtsextremen Netzwerks aus Rassisten, Verschwörungstheoretikern und Frauenhassern, das viele Fachleute als harten Kern von Trumps Basis ansehen. Und den schien er am Dienstag bei der ersten Fernsehdebatte mit Joe Biden in Cleveland plötzlich direkt anzusprechen, als er sagte, „Proud Boys, haltet Euch zurück und steht bereit“. Die meisten Kommentatoren verstanden das als ein Signal, in Habachtstellung zu gehen. Zumal es Trump vermieden hatte, sich vor laufenden Kameras von Rassismus und „White Supremacy“ zu distanzieren.
Der Präsident hatte zuvor auf einen Einwurf von Konkurrent Joe Biden reagieren müssen, als er die „Proud Boys“ erwähnte. Biden und Moderator Chris Wallace hatten ihn aufgefordert, sich von Rassisten zu distanzieren. Trump beteuerte daraufhin, er werde fast alles sagen, was nötig sei, weil er „Frieden“ wolle – auch, wenn das wahre Problem die Antifa sei, die er stets als Organisation darstellt. Man solle ihm doch einen Namen nennen, wenn er sich distanzieren solle, verlangte Trump. Biden warf daraufhin die „Proud Boys“ ein, weil sie ihm wohl als ultrarechte Gruppierung zuerst in den Sinn kamen. In den Augen seiner Kritiker macht es das nicht besser, aber Trump reagierte spontan auf diesen Zwischenruf – er hatte nicht von vornherein die „Proud Boys“ ansprechen wollen.
Zusammen mit seiner wiederholten Ankündigung, dass er nicht in jedem Fall das Wahlergebnis am 3. November akzeptieren werde, sahen viele Menschen aber ein deutliches Warnzeichen dafür, dass der Präsident hier seine Anhänger auf gewaltsame Auseinandersetzungen vorbereite und ihnen dafür grünes Licht gebe. Die Gruppe wurde aus vielen sozialen Netzwerken verbannt – aber nach Trumps Äußerung feierten sich viele ihrer Anhänger online. Auf Parler und Telegram bejubelten sie Trump und integrierten sein Zitat in ihre Labels. Auch T-Shirts mit der Aufschrift „Proud Boys Standing By“ waren schnell entworfen.
Während der antirassistischen Proteste der vergangenen Monate hatten die „Proud Boys“ vereinzelt gewaltsame Auseinandersetzungen provoziert. So veranstalteten sie nicht nur Kundgebungen, um die Polizei gegen die Kritik in Schutz zu nehmen. In Kalamazoo in Michigan prügelten sie sich im August auch mit Linken und sollen diese mit Pfefferspray besprüht haben. In Portland organisierte die Gruppe eine eigene Veranstaltung mit mehreren hundert Menschen. In Charlottesville hatten einige „Proud Boys“ 2017 auch an der Neonazi-Kundgebung „Unite the Right“ teilgenommen, bei der schließlich ein Rechtsradikaler die Gegendemonstrantin Heather Heyer überfahren und getötet hatte.