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Mord an saudischem Dissidenten : „Das Weiße Haus arbeitet als PR-Firma für den saudischen Kronprinzen“

  • -Aktualisiert am

Präsident Donald Trump Bild: AFP

Donald Trump stellt sich an die Seite Saudi-Arabiens. Die wirtschaftlichen Beziehungen zur Königsfamilie sind ihm wichtiger als deren mutmaßliche Beteiligung am Mord an Jamal Khashoggi. Die Kritiker des Präsidenten sind entsetzt.

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          „Amerika zuerst! Die Welt ist ein sehr gefährlicher Ort!“ So beginnt die Erklärung, die das Weiße Haus am Dienstag veröffentlichte, um Donald Trumps jüngste Wendung in Sachen Saudi-Arabien zu rechtfertigen. „Sehr einfach gesagt, nennt man das Amerika zuerst!“ schließt der Text. Dazwischen steht, im Ton von Trumps mäandernden Reden, die unverhohlene Zurückweisung der politischen Bedenken gegen Saudi-Arabien nach dem Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi. Die mit Ausrufezeichen reich bedachte Erklärung stellt vor allem eines klar: die wirtschaftlichen Interessen Trumps und vermeintlich der Vereinigten Staaten sind wichtiger als Erkenntnisse über die mutmaßlichen Mörder und Mittäter.

          „Nach meinem hart ausgehandelten Besuch in Saudi-Arabien im letzten Jahr willigte das Königreich ein, 450 Milliarden Dollar in den Vereinigten Staaten auszugeben und zu investieren,“ heißt es in dem Text. Hunderttausende Jobs würden so geschaffen. In der Rüstungsindustrie, deren Firmen die Erklärung zum Teil aufzählt, würden 110 Milliarden Dollar ausgegeben. Das aufzugeben wäre nur ein „wundervolles Geschenk“ an Russland und China, die statt Amerika dann die Geschäfte mit den Saudis machen würden.

          Das Weiße Haus zählt die Sünden Irans auf, erklärt das Land zu einem viel gefährlicheren Feind und die Saudis zu einem der wichtigsten Bündnispartner im Kampf dagegen. Auch der saudische Krieg im Jemen wird gerechtfertigt: das Königreich würde das Land „liebend gern verlassen“, wenn das auch Iran tue. Zum Mord an dem Journalisten heißt es, dieser sei zwar ein „barbarisches“ Verbrechen, doch ob die Königsfamilie oder der Kronprinz daran beteiligt waren, werde man vielleicht nie wissen.

          Einen Abschlussbericht der Geheimdienste über den Tod des Journalisten gibt es noch nicht. Die CIA geht laut Quellen von CNN und anderen amerikanischen Medien aber wohl davon aus, dass Kronprinz Muhammad Bin Salman mit hoher Wahrscheinlichkeit in den Tod des Journalisten verwickelt sei. „Unsere Nachrichtendienste werten die Informationen weiter aus, aber es könnte sehr gut sein, dass der Kronprinz von dem tragischen Ereignis wusste – vielleicht tat er das, vielleicht tat er das nicht!“ erklärte das Weiße Haus unterdessen. Die Vereinigten Staaten hätten die Absicht, ein „verlässlicher Partner“ Saudi-Arabiens zu bleiben. Vor Reportern sagte der Präsident wenig später, der Mord an Khashoggi sei „eine Schande, aber es ist, was es ist“. Er sei bereit, beim G-20 Gipfel in der kommenden Woche mit dem saudischen Kronprinzen zusammenzutreffen.

          Senatoren kritisieren Trump

          Kritik kam auch aus Trumps eigener Partei. Bob Corker, scheidender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Senat, twitterte: „Ich hätte nie gedacht, dass ich den Tag erleben würde, an dem das Weiße Haus als PR-Firma für den Kronprinzen von Saudi-Arabien schwarz arbeitet.“ Lindsey Graham, Senator aus South Carolina, veröffentlichte eine Erklärung, in der es hieß: „Es ist nicht in unserem nationalen Interesse, wegzuschauen, wenn es um den brutalen Mord an Mr. Jamal Khashoggi geht.“ Er glaube fest daran, dass es im Kongress überparteiliche Unterstützung für „ernsthafte Sanktionen gegen Saudi-Arabien, einschließlich von Mitgliedern der königlichen Familie“ gebe. Das Land sei zwar ein strategischer Partner, das Verhalten des Kronprinzen habe sich aber als mehr als schädlich erwiesen – Amerika dürfe seine „moralische Stimme“ nicht verlieren.

          Der libertäre Senator Rand Paul, der grundsätzlich für eine isolationistische Außenpolitik und weniger staatlichen Einfluss im Allgemeinen ist, vermutete den Nationalen Sicherheitsberater John Bolton, einen außenpolitischen „Falken“, hinter Trumps Entscheidung. „Für mich hört sich das an wie die Stimme von Bolton“, sagte er. „Das Problem ist, dass die Instinkte des Präsidenten in diesen Angelegenheiten oft sehr gut sind, aber er ist oft umgeben von dem Sumpf der Außenpolitiker. Und Bolton ist der König dieses Sumpfes.“ Die Erklärung aus dem Weißen Haus höre sich weniger nach „America First“, sondern eher nach „Saudi Arabia first“ an, twitterte Paul. Der Senator aus Kentucky kündigte auch an, sich noch stärker gegen die Waffenverkäufe nach an die Saudis zu engagieren. Die demokratische Senatorin Dianne Feinstein aus Kalifornien sagte, das Vorgehen der Regierung sei eine Verletzung amerikanischer Werte. Der frühere Direktor der CIA, John Brennan, forderte unterdessen, dass der Kongress die Erkenntnisse der Geheimdienste über Khashoggis Tod anfordern und veröffentlichen müsse.

          Viele Kritiker wiesen darauf hin, dass Donald Trump nicht nur als Präsident wirtschaftliche Interessen in Saudi-Arabien habe, sondern auch privat. Er und seine Familie unterhalten seit Jahrzehnten gute Geschäftsbeziehungen mit dem Land. So kaufte etwa die saudische Regierung laut „Business Insider“ im Jahr 2001 eine ganze Etage im „Trump World Tower“ in Manhattan. Auch Jared Kushner wollte Immobiliengeschäfte mit den Saudis anbahnen, berichtete „Bloomberg“ im Mai. Nachdem das Weiße Haus am Dienstag Trumps Erklärung veröffentlicht hatte, teilten viele Twitter-Nutzer ein Video von einer Wahlkampfveranstaltung 2015, bei der er sagte: „Saudi-Arabien, ich komme gut mit ihnen zurecht. Sie kaufen Wohnungen von mir, geben 40 Millionen, 50 Millionen aus.“ Trump beeindruckt die Kritik an seinen früheren Geschäftsbeziehungen nicht, denn für ihn zählt nur die Gegenwart: „Ich bekomme kein Geld von Saudi-Arabien. Saudi-Arabien hat nichts mit mir zu tun,“ bekräftigte er am Dienstag.

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