Nationaler Notstand : Donald Trump geht aufs Ganze
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Während der Pressekonferenz ließ Donald Trump am Freitag sogenannte „Angel-Moms“ (Engel-Mütter) Fotos ihrer verstorbenen Familienangehörigen zeigen, die mutmaßlich durch illegale Migranten getötet wurden. Bild: AP
Der amerikanische Präsident umgeht mit der Erklärung des nationalen Notstandes das Haushaltsrecht des Kongresses. Nicht nur die Demokraten sehen die Verfassung in Gefahr.
Als Mitch McConnell am Donnerstagnachmittag das Plenum des Senats in Washington betrat, sah man ihm an, dass ihn keine Triumphgefühle erfüllten. Drei Mal hatte der republikanische Mehrheitsführer zuvor mit dem Präsidenten telefoniert. Es gelang ihm in den Gesprächen mit Donald Trump, einen abermaligen Verwaltungsstillstand zu verhindern. Dafür musste er aber einen hohen Preis zahlen: Er habe soeben die Gelegenheit gehabt, mit dem Präsidenten zu reden, sagte McConnell. Trump sei bereit das Haushaltsgesetz zu unterzeichnen – und damit den Kompromiss der beiden Kongressfraktionen über die Finanzierung der Grenzsicherung. Sodann: „Der Präsident wird gleichzeitig eine Erklärung veröffentlichen, mit der ein nationaler Notstand ausgerufen wird.“

Politischer Korrespondent für Nordamerika mit Sitz in Washington.
McConnells Zusatz, er habe dem Präsidenten mitgeteilt, dass er diesen Schritt unterstütze, bedeutete zweierlei: Trump ist bereit, die Verfassung zu dehnen, um eine Niederlage bei seinem Kernprojekt, der Grenzmauer, abzuwenden. Und: Er nimmt dafür eine Spaltung der republikanischen Fraktion und einen Autoritätsverlust McConnells in Kauf. Dieser hatte in den vergangenen Wochen nämlich immer wieder Bedenken gegen die Ausrufung des Notstandes erklärt. Nun knickte McConnell ein. Trump hatte nämlich zunächst seine Unterschrift verweigern wollen, nachdem er sich unter anderem von Heimatschutzminister Kirsten Nielsen erklären ließ, wie wenig der Gesetzentwurf, den Unterhändler beider Fraktion ausgehandelt hatten, mit seinen Vorstellungen in Einklang stand.
Beide Kammern haben Entwurf gebilligt
Noch am Donnerstag billigten beide Kongresskammern den Entwurf, der Mittel für einen Stahlzaun auf einer Strecke von 55 Meilen im Rio Grande Valley in Höhe von 1,38 Milliarden Dollar vorsieht. Verpackt ist die Regelung zur Grenzsicherung in ein Haushaltsgesetz, das nach Auslaufen des dreiwöchigen Übergangshaushalts die Finanzierung jener Bundesbehörden sicherstellt, die von dem 35 Tage andauernden „Shutdown“ betroffen waren.
Am Freitagmorgen trat dann Trump im Weißen Haus vor die Öffentlichkeit und bemühte sich darum, den Schritt, den er nun ankündigte, als Normalität herunterzuspielen. Ein Notstand sei schon vielfach ausgerufen worden – für weit weniger wichtige Dinge. Hier gehe es schließlich um eine Invasion an der Grenze. Der Schritt gebe ihm die Möglichkeit, an weitere 6,6 Milliarden Dollar zu kommen, mit denen zusätzliche Teile des Stahlzauns gebaut werden sollen.
Schon vorher war durchgestochen worden, dass Trump sechs Milliarden Dollar aus dem Verteidigungshaushalt umleiten werde: 3,5 Milliarden aus dem Etatposten für militärischen Bauprojekte, 2,5 Milliarden aus dem Etatposten für Maßnahmen zur Drogenbekämpfung. 600 Millionen Dollar sollen zudem aus dem Finanzministerium abgezweigt werden. Gemeinsam mit den am Freitag durch den Kongress bewilligten Mitteln käme Trump auf nominell acht Milliarden Dollar für die Grenzsicherung. Egal, wie viel er davon unmittelbar abruft: Damit, so das Kalkül, kann er sich an seiner Wählerbasis und bei deren medialen Verstärkern blicken lassen.