Nationalgarde an die Grenze : Trumps Gruß an die Basis
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Bekannter Anblick: Schon unter den Präsidenten George W. Bush und Barack Obama halfen Nationalgardisten den Grenzschützern. Bild: AP
Donald Trump agiert in der Grenzschutzfrage als Getriebener seines eigenen Wahlkampfversprechens. Mit der Entsendung der Nationalgarde hofft er, seine zornigen Anhänger zu befrieden. Eine Analyse.
In wenigen Tagen sollen an der Grenze zwischen Mexiko und Amerika Soldaten der Nationalgarde Dienst tun. Der amerikanische Präsident will damit die „Flut“ der illegalen Immigranten eindämmen, die von Mexiko aus die Grenze überschreiten, zumindest seiner Überzeugung nach. Trump reagiert damit wohl auf Berichte des Fernsehsenders Fox News, der kurz vor Ostern über eine sogenannten „Migranten-Karawane“ berichtet hatte. Dabei handelt es sich um eine Aktion, die jedes Jahr stattfindet und auf die schwierige Lage von Migranten aufmerksam machen soll. Während einige der Teilnehmer tatsächlich die Grenze nach Amerika überschreiten wollen, sind andere Menschen aus Lateinamerika etwa nur auf dem Weg, ihre Verwandten in Mexiko zu besuchen.

Redakteur in der Politik.
Aufgescheucht durch diese Berichte startete Trump über Ostern eine Twitteroffensive, in der sowohl die Mexikaner, die „über die laschen Einwanderungsgesetze in Amerika lachen“, als auch die Demokraten, „die verantwortlich für die liberalen Gesetze“ sind, angriff. Trump übertrieb dabei aber die tatsächliche Lage. Seit Jahren sinkt die Zahl illegaler Einwanderer. Im Jahr 2000 gab es 1,6 Millionen, 2010 noch 448.000 und 2017 304.000 Festnahmen durch die Grenzschützer. Im März gab es zwar eine scharfen Anstieg im Gegensatz zum Vergleichsmonat im Vorjahr, 50.300 gegenüber 16.000 Festnahmen, aber der vergangene März war tatsächlich ein Ausreißer nach unten, denn die Zahl dieses Jahres liegt immer noch unter der der vier Jahre vor 2017, wie die „Washington Post“ berichtet.
Trump könnte sich mit seinem Twittersturm in die Falle einer Selbstsuggestion begeben haben. Aus der grausigen Situation, die er beschreibt, könne demnach nur der Einsatz des Militärs helfen. Außerdem muss er an seine Basis denken. Seine treuesten Anhänger waren enttäuscht von ihm, als er das Haushaltsgesetz unterzeichnete, in dem für die Grenzsicherheit bei weitem nicht die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden, die er sich vom Kongress für den Bau der Mauer erwünscht hatte. Angespornt durch in einigen Umfragen steigende Werte besinnt er sich nun auf den Stil, den er auch als Vorsitzender seines Unternehmens gepflegt hatte: schnelle Entscheidungen, ohne die Konsequenzen mit anderen Menschen zu erörtern oder gegenteilige Meinungen zu hören.
Dazu kommt, dass es derzeit kein großes innenpolitisches Vorhaben gibt, das er schon in der Wahlkampagne versprochen hatte und das er vorantreiben könnte. Der Umbau von Obamacare ist vergangenes Jahr gescheitert, die Steuerreform verabschiedet und die Regelung für den Umgang mit Kindern illegaler Einwanderer vertagt. Durch seine Entscheidung vom Mittwoch hat er aber ein Schlachtfeld eröffnet, auf dem er hofft, sich profilieren zu können.
Doch was die Durchsetzung seines Dekrets angeht, könnte die Angelegenheit wesentlich schwieriger werden, als er sich das erhofft hat. Für den Einsatz der Nationalgarde – sei es an der rund 3100 Kilometer langen Grenze auch nur in unterstützender Tätigkeit, wie aus dem Weißen Haus verlautete – braucht Trump die Zustimmung der Gouverneure und deren Zusammenarbeit. Während dies beispielsweise in Texas voraussichtlich kein Problem ist, liegt die Sache in Kalifornien ganz anders. Der Gouverneur von Texas, der Republikaner Greg Abbott hieß Trumps Entscheidung in einer Stellungnahme ausdrücklich gut. Sie helfe dem Staat dabei, „sich gegen die Flut illegaler Einwanderer zu stemmen“. Aus Kalifornien kamen wesentlich zurückhaltendere Töne. Ein Sprecher der Nationalgarde des Staates sagte, man werde erst einmal die Spezifika abwarten und dann mit den Bundesbehörden zusammen entscheiden, wie man die Truppen am besten einsetze. Sowohl Texas als auch Kalifornien haben schon Nationalgardisten an der Grenze im Einsatz, vor allem um gegen Drogenhandel vorzugehen.
Letztlich gibt das Vorgehen Trump weiterhin die Gelegenheit gegen seine innenpolitischen Gegner zu wettern, die sich einer verschärften Einwanderungspolitik entgegenstellen. Auch den Kongress kann er weiter beschimpfen, der seiner Meinung nach eine schärfere Gesetzgebung seit langem blockiert. Ebenso kann er seine Selbststilisierung beibehalten, er sei der Einzige, der für die „einfachen Amerikaner“ und gegen „den Sumpf“ in Washington kämpft. Seinen Anhängern wird es gefallen.