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Kältewelle in Amerika : Donald Trump versteht den Klimawandel nicht

  • -Aktualisiert am

Nicht nur Chicago und der Lake Michigan leiden derzeit unter eine extremem Kältewelle. Bild: EPA

Eine Kältewelle hat Amerika fest im Griff. Präsident Trump nimmt das zum Anlass, um die Erderwärmung zu leugnen. Dabei sind ausgerechnet seine Hochburgen besonders vom Klimawandel bedroht, zeigt eine neue Studie.

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          Im Mittleren Westen war es am Mittwoch am Schlimmsten: In Minneapolis wurden minus 28 Grad Fahrenheit gemessen, das sind minus 33 Grad Celsius. Der Wind war vielerorts sogar fast minus 50 Grad Celsius kalt. Acht Menschen sollen bereits an den Folgen der Kälte gestorben sein. Zehntausende Obdachlose mussten überall im Land in Notunterkünften untergebracht werden, Flüge wurden abgesagt, Schulen und Geschäfte blieben geschlossen.

          Draußen könnten sich die Menschen nur wenige Minuten lang aufhalten, warnten die Behörden in Städten wie Chicago: Frostbeulen gebe es schon nach kurzer Zeit. Aber nicht alle ließen sich von der Kälte beeindrucken. In Kentucky, wo Schüler wegen Temperaturen bis zu minus 30 Grad Celsius zu Hause bleiben sollten, sagte Gouverneur Matt Bevin in einem Interview, jetzt „verweichliche“ Amerika offenbar.

          „Was zur Hölle ist mit der Erderwärmung los?“

          Präsident Donald Trump drückte zumindest sein Mitgefühl für die unter der strengen Kälte Leidenden „im schönen Mittleren Westen“ aus. Auf Twitter frotzelte er aber auch: „Was zur Hölle ist mit der Erderwärmung los? Bitte komm schnell zurück, wir brauchen dich!“

          Es ist nicht das erste Mal, dass Trump, wissentlich oder nicht, Klima und Wetter verwechselt und kalte Temperaturen anführt, um gegen Klimaschutz zu argumentieren. Seine Regierung drehte bereits einige der Klimaschutzmaßnahmen aus der Zeit der Obama-Präsidentschaft zurück. Im vergangenen August legte die Environmental Protection Agency (EPA) einen Plan vor, der den Bundesstaaten wesentlich mehr Freiheiten bei der Reduzierung ihrer Treibhausgas-Emissionen geben soll.

          Trotz aller Warnungen von Wissenschaftlern blieb Trump bei seiner Ablehnung der Klimaschutzvereinbarung von Paris. Der Präsident versichert seinen Anhängern stets, dass die amerikanische Industrie mehr „für die Umwelt“ tue als die Unternehmen in vielen anderen Ländern – dementsprechend soll sie sich seiner Meinung nach auch weitgehend selbst regulieren können. Auch die weitreichendste Analyse, die die amerikanische Regierung je vorlegte, den Nationalen Klimabericht seiner eigenen Administration, spielte Trump herunter.

          Dabei sind laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur Associated Press immerhin 71 Prozent der Amerikaner überzeugt davon, dass es den Klimawandel gibt. Republikanische Wähler halten den Menschen aber wesentlich seltener für seinen Verursacher. Dass die Erderwärmung menschengemacht ist, glauben demnach 33 Prozent der Republikaner und 72 Prozent der Demokraten. Da ist es folgerichtig, dass Trump jene bedient, die sich als „Skeptiker” gegenüber der Entwicklung bezeichnen.

          Republikanische Staaten werden wohl besonders leiden

          Eine neue Studie warnt nun, dass zufällig die Bundesstaaten besonders negativ vom Klimawandel betroffen sein werden, die bislang für Trump und die Republikaner abstimmten. In der Untersuchung der Brookings Institution heißt es: „Viele der Kommunen, die Politiker gewählt haben, die gegen Klimaschutzpolitik sind, sind besonders verwundbar wenn es um die Effekte des Klimawandels geht.“ Das betreffe den Süden der Vereinigten Staaten, der auch bislang schon mit den Folgen von Wirbelstürmen und Überschwemmungen zu kämpfen hat.

          In der Studie wurde versucht, die wirtschaftlichen Folgen der Erderwärmung abzuschätzen, beispielsweise den Verlust von landwirtschaftlich nutzbaren Flächen und den Schaden an Küstengebieten. Die größten Schäden seien dabei in Gegenden zu befürchten, in denen Trump eine Stimmenmehrheit habe, so die Wissenschaftler. Dort werde das Bruttosozialprodukt um durchschnittlich 5,5 Prozent fallen – in Gebieten, die bisher mehrheitlich für die Demokraten stimmten, sagen die Autoren durchschnittliche Einbußen von 3,3 Prozent voraus.

          Florida, Mississippi, Louisiana, Arkansas und Alabama würden von der Entwicklung besonders stark getroffen werden, mutmaßten die Forscher. Im Nordwesten des Landes und in Neuengland könne es dagegen kurzfristig sogar zu positiven Effekten für die Landwirtschaft kommen. Die Brookings-Studie formuliert auch eine Empfehlung, wie das Bewusstsein für Klimaschutz erhöht werden könnte: Eine Aufklärungskampagne müsste die Bevölkerung drastischer als je zuvor informieren, und sie müsste sich gezielt an Einwohner „roter“, also republikanische dominierter Staaten richten.

          In den südlichen Bundesstaaten gehen viele besonders arme Menschen allerdings gar nicht zur Wahl, was für die Republikaner bislang ein Vorteil war. Diese Einwohner sind auch jetzt bereits von den Naturkatastrophen am schlimmsten betroffen. Viele Staaten, die die Brookings-Studie besonders heraushebt, sind unter den ärmsten des Landes. In Mississippi lebten im Jahr 2017 die Menschen mit dem zweitgeringsten Haushaltseinkommen, ärmer sind nur die Bürger von West Virginia.

          Gegen Trumps Verharmlosung des Klimawandels regte sich unterdessen zumindest punktuell Widerstand in seiner eigenen Verwaltung. Die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA), die dem Handelsministerium unterstellt ist und sich auch um Sturm-Vorhersagen kümmert, twitterte: „Winterstürme beweisen nicht, dass die globale Erderwärmung nicht passiert.“ Dazu posteten die Beamten eine Karikatur, die vielleicht auch dem Präsidenten erklären sollte, wie ein wärmerer Ozean und mehr Feuchtigkeit in der Atmosphäre Stürme beeinflussen können.

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